Multitasking: Nervigste Erfindung der Arbeitswelt



Multitasking, täglich verschiedenste Bälle jonglieren und zugleich noch produktiv sein. Doch kann das eigentlich funktionieren?

Was ist Multitasking?

Unter Multitasking (seltener menschliches Multitasking) versteht man die Fähigkeit eines Menschen, mehrere Tätigkeiten zur gleichen Zeit oder abwechselnd in kurzen Zeitabschnitten durchzuführen, so z. B. eine E-Mail zu verfassen und gleichzeitig einem Bericht zuzuhören. Quelle: Menschliches Multitasking

Es geht hier also um das, was die meisten von Euch aus dem Job kennen dürften. Darum, gleichzeitig mehrere Dinge zu tun. OK, tatsächlich macht Ihr das zwar gar nicht, aber es fühlt sich so an. Denn Euer Gehrin funktioniert da fast so wie ein Computer-Prozessor.

Der macht nämlich auch immer nur eine Sache. Er schaltet dabei nur sehr schnell zwischen der einen und der anderen Aufgabe hin und her. Und das Ergebnis schiebt er dann in eine Art Zwischenspeicher.

Und genau das macht das Gehirn auch. Es arbeitet eben seriell und nicht parallel. Für das Umschalten hat sich im Englischen der Begriff "Context Switching" verbreitet. Das heißt, das Gehirn schaltet jedes mal in einen anderen Kontext.

Was ist Monotasking?

Mit Monotasking meine ich den Moment, wenn man sich für einen längeren Zeitraum einer einzigen Aufgabe widmet. Wenn man ganz in dieser aufgeht und sie erst unterbricht, wenn ein guter Zwischenstand (oder gar das Ende) erreicht ist.

Man fokussiert sich auf ein Ziel und arbeitet, bis man es erreicht hat - ungestört und nicht unterbrochen.

Teure Unterbrechungen

Doch genau hier liegt das Problem. Wer kann schon von sich behaupten, dass einen die lieben Kollegen, Kunden, Vorgesetzten eine (Teil-)Aufgabe wirklich ununterbrochen abarbeiten lassen? Wer von uns kennt nicht den (gefürchteten) Moment des:

"Kannst Du mal kurz?"

Und egal was wir tun - Unterbrechungen sind hartnäckige Biester. Kopfhörer im Ohr? Kaputze vom Pulli auf dem Kopf? Egal, was wir uns als "Symbole" für den Wunsch ungestört zu arbeiten einfallen lassen, diese Biester beißen uns dennoch in die Wade.

Oftmals, muss ich ja zugeben, ist das kein Problem. Unsere Aufgaben sind nicht gerade geistig fordernd und so stört uns die Unterbrechung meist nicht.

Doch es gibt diese Momente. Es gibt diese Probleme, in die wir uns verbeißen und uns auf die Jagd nach der Lösung begeben. Und genau hier ist die Gefahr der teuren Unterbrechung am größten.

Ich erinnere mich an meine Studienzeit. Wenn ich Hausarbeiten geschrieben habe und meine Gedanken ganz dem vor mir liegenden Text galten, der mir aus den Fingern floß. Wenn ich einen ganzen Argumentations-Strang im Kopf jongliert habe und versuchte ihn in geordneter Form zu Papier zu bringen, so dass mein Argument saß.

Dann, genau dann klingelte es an der Tür. Ich kannte dieses Doppelklingeln. Es war mein Vater, der im gleichen Haus gewohnt hat - und meist eine (nicht dringende) Frage hatte.

Irgendwann hatte es sich eingebürgert, dass er einfach klingelt, ich die Tür zum Treppenhaus aufmache und seine Frage beantworte. Normalerweise auch kein Problem. Nur in diesen besonderen Momenten eben, da kostete mich das Klingeln - und die Beantwortung der Frage gerne mal 15 - 30 Minuten.

Denn so lange dauert es (zumindest bei mir) für gewöhnlich, bis ich den Faden wieder aufgenommen und bis zu dem Punkt verfolgt hatte, an dem ich unterbrochen wurde. Ganz zu schweigen von der erhöhten Konzentration, die es mir abverlangte.

So ist das auch heute noch. In meinem Job sitze ich inzwischen recht häufig vor dem PC und versuche ein Problem anhand von Daten zu ergründen, zu verstehen und zu lösen. Das geschieht oft mit Hilfe von kleinen (oder auch größeren) Programmen, die ich schreibe.

Und wer schon mal versucht hat die Logik eines solchen Programms, seine vielen Funktionen, Namen für Variablen, Objekte und einfach mal mehrere huntert Zeilen Code im Kopf zu behalten, damit am Ende das Skript genau das macht, was es tun soll, der weiß, welche Konzentration das erfordert.

Werde ich in solchen Momenten unterbrochen, so fühle ich mich daran erinnert, wie es zu Unizeiten war. Und ja, noch heute kostet mich solch eine Unterbrechung bis zu 30 Minuten. Und strengt mein kleines Köpfchen einfach enorm an. Ich gehöre halt einfdach nicht zu den geschätzt zwei Prozent der Menschen, die tatsächlich Multitasker sind.

Multitasking ist teuer

Aber nicht nur das. Ich weiß auch, dass ich oftmals einfach mindestens 60 - 90 Minuten ununterbrochene Zeit brauche, um eine größere Funktion eines solchen Skripts fertig zu stellen. Und ich weiß, dass oftmals keine Zwischenschritte auf dem Weg sind, keine sprichwörtliche Berghütte, an der ich sinnvoll Rast machen, also unterbechen kann.

Das heißt aber auch, dass ich mit einer solchen Funktion nicht starten sollte, wenn ich weiß, dass in 45 Minuten ein Meeting ansteht. Ich kann in dieser Zeit andere Dinge erledigen, kleinere "Hausmeisterarbeiten" erledigen, aufräumen, oder Kleinkram wegarbeiten. OK, für meinen Arbeitgeber ist das also keine "verlorene Zeit".

Doch die wirklich wertvolle Arbeit bleibt liegen. Die Arbeit, die es mir ermöglicht meine Zeit wertsteigernd einzubringen, die muss warten. Das dies auch die Arbeit ist, die mir persönlich besonders Spaß macht, ist hierbei ein netter Bonus. aber eben nicht notwendig, um das Problem am Horizont aufflackern zu lassen.

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass die Effizienz beim Bearbeiten verschiedener Aufgaben abwechselnd in kurzen Zeitabschnitten im Vergleich zur seriellen Bearbeitung sinkt. Quelle: Menschliches Multitasking

Und wir reden hier nicht von ein paar Prozentpunkten, die unsere Produktivität sinkt:

Meyer suggests that productivity can be reduced by as much as 40 percent by the mental blocks created when people switch tasks. Now that you understand the potential detrimental impact of multitasking, you can put this knowledge to work to increase your productivity and efficiency. Quelle: Multitasking, drittletzter Absatz

Was sind Dir Deine Nerven wert?

Aber mir geht es nicht nur um die Produktivität. Dies ist das Argument für die Vorgesetzten, die Chefs, die Unternehmen. Für mich persönlich zählt viel mehr, dass mich solche Unterbrechungen nicht nur nerven, sondern ich auch einen hohen Preis dafür bezahle, denn die meisten Menschen (die Unterbrecher) in solchen Momenten gar nicht nachvollziehen können.

Ja, oft reagiere ich genervt auf Störungen - und das macht es sicherlich weder für mich, noch für meine Kollegen/Bekannte/Freunde/Familie leichter. Denn es betrifft ja auch die Momente, in denen beispielsweise meine Familie am Telefon ist, während ich im Land der Konzentration wandere. Während ich ein Problem vollständig im Kopf zu halten versuche.

Doch meine genervte Reaktion kommt eigentlich immer daher, dass ich weiß, was mich die Störung kostet. Für mich ist das Problemfeld, mit dem ich mich befasse wie ein unbekanntes Land, dass ich durchwandere und somit erkunde. Zugleich zeichne ich auch noch eine Karte der Landschaft und versuche Hindernisse zu erkennen und zu umschiffen.

Ich weiß, wie anstrengend es ist, wieder zurück in dieses Land zu gehen, wie anstrengend es ist jeden Schritt nachzuvollziehen, den man schon gemacht hat und die Karte wieder im Kopf präsent werden zu lassen. Mehrere solche Unterbrechungen können gerne auch mal zu Kopfweh führen, weil die Anstrengung einfach so groß ist. Klar, nicht bei jedem Problem, aber doch öfter, als mir vielleicht lieb ist.

Und ehrlich gesagt: Kopfweh ist einfach unlustig.

Weiterführende Links: