Piraten als Vorreiter in Sachen Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion



Wir schreiben das Jahr 1715, Schiffe mit der "Jolly Roger" terrorisieren die amerikanischen Kolonien und die Westindischen Inseln. Es ist das Goldene Zeitalter der Piraterie und Edward Teachs Stellvertreter, Black Ceasar, ist ein ehemaliger Stammeshäuptling und befreiter Sklave.

Von Piraten lernen: Piraten als Vorreiter in Sachen Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion

Wir schreiben das Jahr 1715, Schiffe mit der "Jolly Roger" terrorisieren die amerikanischen Kolonien und die Westindischen Inseln. Es ist das Goldene Zeitalter der Piraterie und Edward Teachs Stellvertreter, Black Ceasar, ist ein ehemaliger Stammeshäuptling und befreiter Sklave.

Etwa 60 % von Blackbeards Mannschaft sind ehemalige Sklaven, meist Schwarze, die von englischen Sklavenhändlern aus Afrika geraubt und in die Neue Welt verschifft wurden.

Aber das ist nicht das einzig Merkwürdige an der Piratengesellschaft. Frauen haben das Wahlrecht (zumindest einige wenige). Es herrscht Lohngleichheit und Fairness zwischen ehemaligen Sklaven, Frauen, Männern und den Anführern auf einem Piratenschiff.

Denn bei näherer Betrachtung durch Historiker und Wissenschaftler zeigt sich diese seltsam andere Facette dieser maritimen Plünderer, die heute im zeitgenössischen Diskurs (längst überfällige) Beachtung findet: ihre unfreiwillige, aber bahnbrechende Rolle in Sachen Diversität, Gleichberechtigung und Inklusivität (DEI), die die Piraten (neben Beute und Rum) geschaffen und erkämpft haben.

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In diesem Aufsatz versuche ich, in die paradoxe Welt der Piraten einzutauchen. Trotz ihres berüchtigten Rufs zeigten sie fortschrittliche Praktiken bei der Gleichheit zwischen verschiedenen Ethnien, der demokratischen Entscheidungsfindung und bis zu einem gewissen Grad auch bei der Geschlechterdynamik und gleichgeschlechtlichen Beziehungen.

Übrigens eine Leistung, von der wir 300 Jahre später immer noch ein paar Seemeilen entfernt sind. Indem wir diese Aspekte untersuchen, wollen wir herausfinden, wie Piraten, die traditionell als gesellschaftliche Außenseiter angesehen wurden, dennoch und überraschenderweise Prinzipien verkörperten, die in den heutigen DEI-Bemühungen mitschwingen.

Lasst und unser altes Verständnis davon, wie die Gesellschaft der Piraten aussah, neu schreiben. Ich werde versuchen, neue und unerwartete Perspektiven darauf zu eröffnen, wie sich DEI in einem historischen Kontext manifestiert hat, der sich von unserem eigenen stark unterscheidet. Und was wir von diesen Seeräubern und Freibeuterinnen lernen können.

Wollen wir also durch die unbekannten Gewässer der Piratendemokratie, der ehtnischen Integration, der Geschlechterdynamik und der Matelotage navigieren.

PS.: Noch ein Wort vorab. Dieses Essay speist sich aus Dokumentationen, Onlinebeiträgen, Lexika und einigen sehr essentiellen Buchquellen. Letztere findest Du alle am Ende genannt.

1. Einleitung

2. Ethnische Gleichheit unter Piraten

3. Geschlechtergleichstellung bei den Piraten

4. Der Kodex der Piraten: Eine frühe Form von Demokratie und Gleichheit

5. Inklusivität und Akzeptanz von Diversität

6. Beschränkungen und Widersprüche in der Piratengesellschaft

7. Fazit

8. Quellen und weiterführende Literatur


Einleitung

Das so genannte Goldene Zeitalter der Piraterie war eine Periode, die die Karibik und die umliegenden Gebiete in einen Knotenpunkt der maritimen Gesetzlosigkeit verwandelte (von Historikern gerne so genannt). Sie erstreckte sich von etwa der Mitte des 17. bis zum frühen 18. Jahrhundert.

Diese Ära, die von einigen legendären Gestalten und epischen Seeschlachten geprägt war, hat lange Zeit die Phantasie der Welt beflügelt - und vor allem seit Beginn der populären Medien und der späteren Popkultur.

Unter der Oberfläche dieser verwegenen Geschichten verbirgt sich jedoch ein Aspekt der Piraterie, der weniger erforscht ist und (zumindest popkulturell) oft übersehen wird: ihre Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Vielfalt, Gerechtigkeit und Inklusivität (DEI).

Lasst uns die Segel setzen

Das Goldene Zeitalter der Piraterie ist ein turbulentes Kapitel der Seefahrtsgeschichte. Und ein verdammt faszinierendes dazu. Es war eine Zeit, in der die Karibik und der Atlantik zu einem Epizentrum der Piratenaktivitäten wurden. Sie prägten die geopolitische und sozioökonomische Landschaft dieser Epoche.

Zunächst möchte ich auf die überraschend vielfältige Zusammensetzung der Piratencrews eingehen. Historiker wie Marcus Rediker beschreiben in seinem Buch "Villains of All Nations", dass Piratenschiffe oft Schmelztiegel verschiedener Nationalitäten, Ethnien und gesellschaftlicher Hintergründe waren.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Besatzung von Black Bart Roberts, die nachweislich aus Afrikanern, Europäern und Asiaten bestand und ein Maß an ethnischer Integration zeigte, das in anderen zeitgenössischen Institutionen selten zu finden ist. Diese Vielfalt war nicht nur oberflächlich; Piraten wie Black Caesar, ein ehemaliger versklavter Afrikaner, der zu einem gefürchteten Piratenanführer wurde, zeigen, wie Personen mit unterschiedlichem Hintergrund aufgrund ihrer Verdienste aufsteigen konnten.

Ein weiteres auffälliges Merkmal war der demokratische Charakter der Piratenherrschaft.

Der Piratenhistoriker David Cordingly erklärt in seinem Buch "Under the Black Flag", wie Piratencrews mit einem überraschenden Maß an demokratischer Entscheidungsfindung arbeiteten. Die Besatzungen stimmten oft über wichtige Entscheidungen ab, einschließlich der Wahl ihrer Kapitäne und der Planung ihrer Fahrten. Diese Form des Regierens stand in krassem Gegensatz zu der autokratischen Herrschaft, die auf den Marine- und Handelsschiffen der damaligen Zeit vorherrschte.

Darüber hinaus ist die Auflehnung der Piraten gegen starre gesellschaftliche Normen gut dokumentiert. Die Akzeptanz der Matelotage, einer Form der zivilen Partnerschaft zwischen männlichen Piraten, stellt unser Verständnis der Sexualnormen im 17. und 18. Jahrhundert in Frage. Während die genaue Art dieser Beziehungen unter Historikern umstritten ist, steht fest, dass solche Partnerschaften innerhalb der Piratengemeinschaften anerkannt und respektiert wurden, wie der Historiker B.R. Burg in "Sodomie und die Piratentradition" feststellt.

In den folgenden Abschnitten dieses Aufsatzes werden diese Aspekte der DEI anhand konkreter Beispiele und historischer Berichte näher beleuchtet, um ein detailliertes Bild der Piratengesellschaft zu zeichnen. Durch die Untersuchung dieser Elemente erhalten wir nicht nur einen Einblick in das Leben dieser maritimen Geächteten, sondern ziehen auch Parallelen zu den heutigen DEI-Bemühungen.

Die Rolle der Frauen in der Piraterie, insbesondere während des Goldenen Zeitalters, war zwar selten, aber bedeutend und widersprach den Geschlechternormen der damaligen Zeit. Eine der berühmtesten Piratinnen war Anne Bonny, die zusammen mit Mary Read für ihre waghalsigen Taten in einer vorwiegend männlichen Domäne gefeiert wird.

Der Historiker David Cordingly hat in seinem Buch "Seafaring Women: Adventures of Pirate Queens, Female Stowaways, and Sailors' Wives", das Leben dieser Frauen näher beleuchtet. Bonny, die für ihr feuriges Temperament und ihre Kampfeslust bekannt war, operierte in der Karibik an der Seite von Calico Jack Rackham.

Ihre Geschichte ist ein Beispiel für die Herausforderungen und Erfolge von Frauen, die sich in die Welt der Piraterie wagten, eine Welt, die traditionell von Männern dominiert wurde. Bonnys Vermächtnis stellt unser Verständnis der Geschlechterrollen in der Piraterie in Frage und hebt die außergewöhnlichen Beiträge von Frauen in dieser historischen Erzählung hervor.

Diese Erkundung dient sowohl als historische Analyse als auch als Reflexionsobjektiv und bietet Perspektiven dafür, wie die Grundsätze der Inklusivität und Gleichberechtigung, die oft als moderne Konzepte angesehen werden, in einer Ära und Gesellschaft präsent waren, die weit von unserer eigenen entfernt ist.

Ethnische Gleichheit unter Piraten

Die Piraterie im Goldenen Zeitalter war in Bezug auf die ethnische Gleichheit erstaunlich fortschrittlich, was im krassen Gegensatz zu den vorherrschenden Normen jener Zeit stand.

Ethnische Vielfalt auf Piratenschiffen

Wer hätte gedacht, dass die Zusammensetzung der Piratencrews während des Goldenen Zeitalters der Piraterie bemerkenswert vielfältig war, vor allem in Bezug auf die Ethnie. Im Gegensatz zu den streng geschichteten Gesellschaften an Land boten die Piratenschiffe oft einen einzigartigen Raum, in dem die Schranken zwischen den Ethnien weniger ausgeprägt waren.

Ausmaß der Diversität

Das Ausmaß der rassischen Vielfalt auf den Piratenschiffen während des Goldenen Zeitalters der Piraterie war beträchtlich. Sie war auch ein wesentlicher Aspekt ihrer gesellschaftlichen Struktur - zumindest in den 17hundert Jahren. Es unterschied sie von anderen zeitgenössischen gesellschaftlichen Gruppen. In diesem Fall ist die Einbeziehung ehemaliger Plantagensklaven in die Piratencrews besonders bemerkenswert.

Historische Forschungen haben ergeben, dass etwa 25-30 % der Mitglieder von Piratencrews ehemalige Plantagensklaven waren. Auf Blackbeards Schiff sollen am Ende rund 60 % der Piraten PoC, ehemalige Sklaven, gewesen sein.

Diese Zahl wäre auch heute noch beachtlich. Für die damalige Zeit ist sie sogar noch höher, vor allem vor dem Hintergrund der weit verbreiteten Sklaverei im 17. und 18. Die Piraten befreiten und rekrutierten aktiv Sklaven, was eine deutliche Abweichung von den damaligen Normen darstellte.

Wirtschaftlich gesehen befand sich der transatlantische Sklavenhandel während des Goldenen Zeitalters der Piraterie auf seinem Höhepunkt, und die koloniale Wirtschaft in Amerika war in hohem Maße auf Sklavenarbeit angewiesen.

Plantagensklaven lebten unter brutalen Bedingungen und hatten kaum Hoffnung auf Freiheit oder Gleichberechtigung. Der hohe Prozentsatz ehemaliger Sklaven in den Piratencrews stellt somit einen bedeutenden demografischen Wandel für diese Personen dar.

In "Villains of All Nations" geht der Historiker Marcus Rediker ausführlich auf die Zusammensetzung von Piratencrews ein. Seine Arbeit wirft ein Licht auf die Demografie der Piraterie und hebt die Vielfalt und Inklusivität dieser maritimen Gesetzlosen hervor.

Redikers Analyse ist von entscheidender Bedeutung für das Verständnis, wie Piratenschiffe als Schmelztiegel fungierten, in denen gesellschaftliche Normen, insbesondere in Bezug auf die Rasse, in Frage gestellt und oft umgestoßen wurden.

Die Anwesenheit eines hohen Prozentsatzes ehemaliger Sklaven auf Piratenschiffen hatte mehrere Auswirkungen:

Der Weg zur Gleichberechtigung für ehemalige Sklaven, die sich während des Goldenen Zeitalters der Piraterie Piratencrews anschlossen, fasziniert mich immer noch massiv und verdrängt einen bemerkenswerten Aspekt der Geschichte.

Denn für viele Sklaven bot die Piraterie nicht nur einen Fluchtweg aus den brutalen Bedingungen des Plantagenlebens - sie bot auch einen Weg zu persönlicher finanzieller Sicherheit. Der Übergang vom Sklaven zum Piraten war nicht nur ein Berufswechsel, sondern eine tiefgreifende Veränderung des sozialen Status.

Auf Piratenschiffen fanden ehemalige Sklaven eine Möglichkeit, sich von den Ketten der Sklaverei zu befreien und eine neue Identität anzunehmen. Und Piratenschiffe rekrutierten ehemalige Sklaven oft unter den gleichen Bedingungen wie weiße Piraten. Da auf Piratenschiffen der Bedarf an qualifizierten und fähigen Besatzungsmitgliedern oft über rassistische Vorurteile gestellt wurde, war dies meines Erachtens immer noch etwas Bemerkenswertes.

Sobald sie an Bord waren, erlebten die ehemaligen Sklaven ein Maß an Gleichberechtigung, das sie in ihrem früheren Leben nicht kannten. Dazu gehörten die gleichberechtigte Teilhabe an Entscheidungsprozessen, ein gleicher Anteil an der Verteilung der Beute und die gleichen Aufstiegschancen wie für ihre weißen Kollegen. Und glaub mir, solche Praktiken waren nicht nur symbolische Gesten; sie waren integraler Bestandteil der operativen Dynamik von Piratencrews.

Die Einbeziehung und gerechte Behandlung ehemaliger Sklaven auf Piratenschiffen hatte mehrere Auswirkungen:

Für ehemalige Sklaven war der Weg in die Piraterie nicht nur eine Möglichkeit, der Knechtschaft zu entkommen. Er war definitiv ein Tor zu einer Welt, in der sie ein Maß an Gleichheit und Freiheit erleben konnten, das in ihrem früheren Leben unvorstellbar war. Es war sogar für die gesamte normale Gesellschaft unvorstellbar.

Dieser Aspekt des Piratenlebens bietet einen faszinierenden Einblick in die Komplexität der sozialen Dynamik und der Rassenbeziehungen in einer Zeit, die häufig von Erzählungen über Segregation und Diskriminierung beherrscht wurde.

Beispiele für Integration

Die Geschichte von Black Caesar ist wahrscheinlich das bekannteste und überzeugendste Beispiel für das Ausmaß an Integration und sozialer Mobilität, das Menschen afrikanischer Abstammung in der Piratengesellschaft während des Goldenen Zeitalters der Piraterie möglich war.

Sein Lebensweg begann als Häuptling in Afrika und endete als berüchtigter Pirat in der Karibik. Er verdeutlicht die einzigartigen Möglichkeiten, die die Piraterie Menschen bot, die in der Mehrheitsgesellschaft an den Rand gedrängt und unterdrückt wurden.

Black Caesar wurde gefangen genommen und versklavt, er überlebte die grausame Mittelpassage auf einem Sklavenschiff auf dem Weg nach Amerika.

Seine Geschichte des Trotzes begann mit einer waghalsigen Flucht von diesem Schiff, die den Beginn seines Lebens als Pirat markierte. Nach seiner Flucht machte sich Black Caesar schnell einen Namen in der Welt der Piraten.

Bekannt wurde er durch seine Heldentaten in den Florida Keys, einer Region, die für ihre Piratenaktivitäten berüchtigt ist. Sein Aufstieg in diesem hart umkämpften und gefährlichen Gebiet zeugt nicht nur von seinen Fähigkeiten und Führungsqualitäten, sondern auch von der Offenheit der Piratengesellschaft für Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund.

Der Historiker Colin Woodard beschreibt in seinem Buch "The Republic of Pirates" ausführlich das Leben und die Karriere von Black Caesar als Pirat. Woodards Arbeit trägt wesentlich dazu bei, aufzuzeigen, wie Personen wie Black Caesar in der Piratengesellschaft aufsteigen konnten.

Es steht in scharfem Kontrast zu den begrenzten Möglichkeiten und der schweren Diskriminierung, denen Menschen afrikanischer Abstammung in anderen Bereichen der Gesellschaft zu jener Zeit ausgesetzt waren. Etwas, dem viele von ihnen auch heute noch ausgesetzt sind.

Das Maß an Respekt und Autorität, das er genoss und das auf Verdiensten und Fähigkeiten und nicht auf der Ethnie beruhte, war in anderen zeitgenössischen Institutionen praktisch unbekannt. Die Geschichte von Black Caesar und anderen wie ihm veranschaulicht die relativ fortschrittliche rassische Dynamik innerhalb der Piratengesellschaft.

Der Fall von Black Caesar zeigt die einzigartigen Aspekte der rassischen Integration und der sozialen Mobilität in der Piratengesellschaft. Er steht in krassem Gegensatz zu den vorherrschenden Einstellungen und Praktiken der damaligen Zeit und bietet einen Einblick in eine Welt, in der die traditionellen Schranken von Ethnie und Klasse bis zu einem gewissen Grad aufgehoben waren.

Seine Geschichte ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie die Piraterie mit all ihrer Gesetzlosigkeit und Gefährlichkeit auch als Raum der relativen Gleichheit und der Chancen für diejenigen fungierte, die durch die vorherrschenden gesellschaftlichen Normen der damaligen Zeit an den Rand gedrängt wurden.

Wirtschaftliche und soziale Anreize

Die Rekrutierung ehemaliger Sklaven für die Piraterie während des Goldenen Zeitalters wurde durch eine Mischung aus wirtschaftlichem Pragmatismus und sozialer Dynamik vorangetrieben, was zu einem integrativeren Umfeld an Bord der Piratenschiffe führte.

Die Piratenkapitäne und -mannschaften waren in erster Linie durch die praktischen Notwendigkeiten ihres gesetzlosen Lebensstils motiviert. Effektive Piraterie erforderte erfahrene Seeleute und geschickte Kämpfer, Eigenschaften, die viele ehemalige Sklaven besaßen.

Die harte Realität des Lebens auf See und die anspruchsvolle Natur der Piratenoperationen bedeuteten, dass Fähigkeiten und Erfahrung höher bewertet wurden als der rassische Hintergrund.

Dieser pragmatische Ansatz bei der Auswahl der Besatzung führte zu einem vielfältigeren und integrativeren Umfeld auf den Piratenschiffen.

Viele der Sklaven, die nach Amerika gebracht wurden, hatten Erfahrung im Seehandel oder hatten während ihrer Versklavung Fähigkeiten erworben, die an Bord eines Piratenschiffs wertvoll waren. Ihre Kenntnisse in den Bereichen Navigation, Schiffswartung und Kampf machten sie zu einer Bereicherung für die Piratenunternehmungen.

Die Anerkennung dieser Fähigkeiten erleichterte die Integration ehemaliger Sklaven in die Piratencrews, wo sie aufgrund ihrer Fähigkeiten oft als Gleichberechtigte behandelt wurden.

Die integrative Rekrutierungsstrategie hatte erhebliche soziale Auswirkungen:

Eine vielfältige Besatzung bot auch wirtschaftliche Vorteile. Piraten operierten in einem hart umkämpften und gefährlichen Milieu, in dem der Erfolg von der kollektiven Stärke und dem Fachwissen der Mannschaft abhing.

Eine Besatzung, die sich aus Personen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammensetzte, darunter ehemalige Sklaven mit spezifischen maritimen Fähigkeiten, erhöhte die operative Effizienz des Schiffes, die direkt mit wirtschaftlichem Gewinn durch erfolgreiche Raubzüge und Plünderungen verbunden war.

Die wirtschaftlichen und sozialen Anreize für die Aufnahme ehemaliger Sklaven in Piratencrews beeinflussten auch die interne Dynamik der Piratengesellschaft.

Sie führten zu einer egalitäreren Struktur, in der die Entscheidungsfindung häufig kollektiv erfolgte und die Anteile an der Beute gleichmäßiger verteilt wurden.

Dieser Ansatz steigerte nicht nur die Effizienz und Effektivität der Piratenoperationen, sondern schuf auch ein Gefühl der Gemeinschaft und Zugehörigkeit unter den Besatzungsmitgliedern, das die traditionellen Rassenunterschiede überwand.

Fassen wir zusammen

Die Aufnahme ehemaliger Sklaven in Piratencrews war eine Entscheidung, die nicht auf eine einzige Ursache zurückzuführen ist. Es war eine Entscheidung, die man als vielschichtig bezeichnen könnte und die in den praktischen Erfordernissen der Piraterie und den sozialen Realitäten der damaligen Zeit wurzelte.

Diese Entscheidung diente nicht nur den wirtschaftlichen Interessen der Piraten, sondern trug auch zur Schaffung eines einzigartigen sozialen Umfelds bei, in dem ehemalige Sklaven Respekt, Gleichberechtigung und Aufstiegschancen finden konnten.

Beziehungen zwischen den Ethnien an Bord

Die Dynamik an Bord von Piratenschiffen unterschied sich grundlegend von derjenigen an Land. Diese Schiffe waren zwar nicht utopisch, aber sie boten einen Raum, in dem Rassenvorurteile nicht so stark ausgeprägt waren und in dem ehemalige Sklaven neben ihren weißen Kollegen arbeiten, leben und an der Beute teilhaben konnten.

Diese Rassenvielfalt und Integration an Bord von Piratenschiffen spiegelt einen ganz besonderen Aspekt der Piratengesellschaft wider. Aus meiner Sicht war das für die damalige Zeit fortschrittlich. Es wäre auch heute noch fortschrittlich.

Das Überleben und der Erfolg der Piratencrews hing von der Zusammenarbeit über die Rassengrenzen hinweg ab. Dies ermöglichte es Piraten und schwarzen ehemaligen Sklaven, Seite an Seite zu arbeiten und für ihr gemeinsames Überleben und ihre Freiheit aufeinander angewiesen zu sein. Diese Erfahrungen führten ganz natürlich zu einer Entschärfung der rassischen Spannungen.

Gleiche Rechte und demokratische Praktiken

Die demokratischen Praktiken innerhalb der Piratengesellschaft waren bemerkenswert fortschrittlich. Vor allem, wenn man die Rassendynamik der damaligen Zeit berücksichtigt. Die demokratische Natur der Gesellschaft erstreckte sich auf alle Mitglieder einer Piratencrew, unabhängig von ihrer Ethnie (oder in einigen Fällen auch von ihrem Geschlecht), was eine absolut bemerkenswerte Abweichung von den Normen der damaligen Zeit darstellte.

Einer der wichtigsten Aspekte der Piratendemokratie war das Wahlrecht.

Dieses Privileg wurde auf alle Besatzungsmitglieder ausgedehnt. Allen Besatzungsmitgliedern. Allen.

Entscheidungen über Führung, Ziele und Strategien wurden oft kollektiv getroffen, wobei jedes Mitglied ein Mitspracherecht hatte. Diese Praxis der inklusiven Entscheidungsfindung stand im krassen Gegensatz zu den autokratischen und hierarchischen Strukturen, die auf den Marine- und Handelsschiffen jener Zeit vorherrschten.

Die Aufteilung der Beute war ein weiterer Bereich, in dem sich die Demokratie der Piraten manifestierte: Die Piraten arbeiteten nach einem System der gerechten Verteilung der Beute, bei dem jedes Mitglied, unabhängig von seiner (rassischen) Herkunft, einen gerechten Anteil erhielt.

Dieser Ansatz war eine radikale Abkehr von den sozialen Strukturen an Land, wo Reichtum und Ressourcen oft nach Ethnie und Klasse verteilt wurden.

Der Piratenkodex, ein von der Besatzung vereinbartes Regelwerk, war ein weiteres Beispiel für den demokratischen und gerechten Charakter der Piratengesellschaft. Diese Kodizes enthielten oft Bestimmungen über faire Behandlung, Entschädigung bei Verletzungen und ein Rechtssystem, das für alle Besatzungsmitglieder galt.

Vergiss nicht: Schwarze Piraten unterlagen denselben Regeln und genossen denselben Schutz wie ihre weißen Kollegen, was einen egalitären Ansatz für Recht und Ordnung auf See verdeutlicht.

Dieses demokratische und gerechte Umfeld hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die soziale Dynamik innerhalb der Piratencrews. Es förderte das Gefühl der Einigkeit und des gegenseitigen Respekts, was für das Überleben und den Erfolg der Besatzung von entscheidender Bedeutung war.

Dieser Ansatz für Gleichheit und Gerechtigkeit hatte den Nebeneffekt, dass er dazu beitrug, Rassenschranken zu überwinden und eine für die damalige Zeit einzigartige Gesellschaftsordnung zu schaffen.

Zusammengefasst
Der demokratische Charakter des Piratenlebens, der allen Besatzungsmitgliedern gleiche Rechte und Privilegien einräumte, ist ein Beispiel für eine frühe Form der Rassendemokratie auf See.

Dieser Aspekt der Piratengesellschaft, in der schwarze Piraten die gleichen Rechte genossen wie ihre weißen Kollegen, ist ein bemerkenswertes Beispiel für Rassengleichheit und integrative Regierungsführung in einer Ära, die ansonsten von Rassentrennung und Diskriminierung geprägt war.

Kontrast zur Mainstream-Gesellschaft

Der Kontrast zwischen den egalitären Praktiken der Piraten und den vorherrschenden gesellschaftlichen Normen jener Zeit könnte nicht aufschlussreicher sein. Dies gilt insbesondere für die Dynamik der Rassenfrage.

In der kolonialen Welt des 17. und 18. Jahrhunderts waren Rassendiskriminierung und die Institution der Sklaverei tief verwurzelt. Die meisten Menschen sahen PoC (People of Color) nicht als menschliche Wesen an. Die gesellschaftlichen Strukturen waren streng hierarchisch, und Menschen afrikanischer Abstammung standen (fast) immer ganz unten und waren schwerer Unterdrückung und nicht selten völliger Ausbeutung ausgesetzt. Das damalige Rechts- und Sozialsystem verstärkte diese Ungleichheiten und machte die Rassentrennung zu einer allgegenwärtigen (und perversen) Realität.

Vor diesem Hintergrund waren die Rassengleichheit und die demokratischen Praktiken, die auf den Piratenschiffen zu beobachten waren, außergewöhnlich und praktisch unerhört.

Wie oben gezeigt, funktionierten die Piratencrews oft wie kleine demokratische Gesellschaften, die in krassem Gegensatz zu den autoritären und rassentrennenden Gesellschaften an Land standen. Auf einem Piratenschiff konnte ein ehemaliger Sklave nicht nur die Freiheit von der Sklaverei erlangen, sondern auch Respekt, Autorität und ein Mitspracherecht bei Entscheidungsprozessen, was in der normalen Gesellschaft undenkbar (ich würde sogar so weit gehen, es als unvorstellbar zu bezeichnen) war.

Die rassische Zusammensetzung und die Praktiken der Piratencrews, die von Historikern wie Marcus Rediker dokumentiert wurden, stellen die traditionelle Darstellung der Piraterie als ein rein gesetzloses und gewalttätiges Unterfangen in Frage.

Stattdessen offenbaren sie eine komplexe soziale Struktur, die in vielerlei Hinsicht ihrer Zeit weit voraus war, was Rassengleichheit und demokratische Regierungsführung anbelangt. Ich würde sagen, sie war unserer Zeit in vielen Aspekten immer noch weit voraus.

Zusammengefasst
Der Kontrast zwischen der Rassendynamik auf Piratenschiffen und derjenigen in der Mehrheitsgesellschaft während desselben Zeitraums ist tiefgreifend.

Der Hauptwiderstand der herrschenden Mächte gegen die Piraterie war auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen zurückzuführen. Die einzigartige soziale Struktur der Piratencrews stellte jedoch eine sekundäre Herausforderung für die gesellschaftlichen Normen der damaligen Zeit dar. Die Rassengleichheit und die demokratischen Praktiken der Piraten waren zwar nicht das Hauptanliegen der Kolonialmächte, trugen aber dazu bei, dass die Piraterie als Bedrohung für die bestehende Gesellschaftsordnung wahrgenommen wurde.

Dieser Aspekt des Piratenlebens stellt nicht nur unser Verständnis der historischen Piraterie in Frage, sondern bietet auch Einblicke in die Möglichkeiten egalitärer sozialer Strukturen in einer Zeit, die von rassischer Ungleichheit und Segregation geprägt war.

Gleichberechtigung unter Piraten

Das Goldene Zeitalter der Piraterie ist heute mehr und mehr für seine fortschrittliche Haltung in Bezug auf die Rassengleichheit bekannt. Die Piratenschiffe waren ein Beispiel für ein Maß an Rassenvielfalt und Demokratie, das in der Mainstream-Gesellschaft des 17. und 18. In Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter bietet die Welt der Piraterie jedoch ein komplexeres und kontrastreicheres Bild.

Im Gegensatz zu den relativ integrativen Praktiken auf der Grundlage der Ethnie war die Geschlechterdynamik innerhalb der Piratengesellschaft weitaus stärker durch die vorherrschenden gesellschaftlichen Normen der Zeit eingeschränkt.

Während auf Piratenschiffen Rassenschranken abgebaut werden konnten und eine Form der Gleichberechtigung zwischen Männern verschiedener Rassen möglich war, gilt dies nicht für das Geschlecht. Frauen waren in diesen maritimen Gemeinschaften weitgehend abwesend. Nicht nur aufgrund gesellschaftlicher Überzeugungen, sondern manchmal auch aufgrund ausdrücklicher Verbote.

Die geringe Präsenz von Frauen in der Piraterie unterstreicht den starken Kontrast zwischen der relativ fortschrittlichen rassischen Dynamik und den traditionelleren Geschlechternormen, die unter Piraten vorherrschen.

In dieser von Männern dominierten Welt gab es jedoch auch bemerkenswerte Ausnahmen.

Einige mutige Frauen, oft (aber nicht immer und anfangs meist) in männlicher Verkleidung, navigierten durch die raue See und erarbeiteten sich eine eigene Rolle in der Piraterie. Diese Frauen, darunter die berüchtigten Anne Bonny und Mary Read, standen in krassem Gegensatz zu ihren Zeitgenossen, stellten die Geschlechternormen ihrer Zeit in Frage und verdienten sich einen Platz in den Piratenüberlieferungen.

Ihre Geschichten sind zwar außergewöhnlich, bieten aber einen Einblick in die Möglichkeiten und Grenzen der Geschlechterrollen in der Piratengesellschaft und bilden die Grundlage für eine eingehendere Untersuchung der Stellung der Frau in der Welt der Piraterie.

Präsenz von Frauen in Piratencrews

Die Anwesenheit von Frauen in der Welt der Piraterie während des Goldenen Zeitalters war aufgrund einer Kombination aus gesellschaftlichen Normen und spezifischen Verboten in den Piratenkodizes selten. Historiker wie Jo Stanley schätzen jedoch, dass unter den 1.000 bis 5.000 Piraten, die in dieser Zeit auf den Meeren segelten, zwischen fünfzig und hundert weibliche Seeleute gewesen sein müssen. Wir sprechen also zumindest von einem Frauenanteil an Bord von etwa 1 % bis zu möglicherweise 10 %.

Im 17. und 18. Jahrhundert waren die Geschlechterrollen stark von gesellschaftlichen Normen geprägt, und die Seefahrt wurde überwiegend als Männerdomäne angesehen. Maritimer Aberglaube und Traditionen besagten oft, dass Frauen auf Schiffen Unglück brachten, was geschlechtsspezifische Ausgrenzungen noch verstärkte.

Diese vorherrschenden Einstellungen trugen dazu bei, dass es generell keine Frauen in der Seefahrt gab, insbesondere in der gesetzlosen Welt der Piraterie. Zumindest in den regulären Seestreitkräften der damaligen Zeit - obwohl es auch historische Berichte über reguläre weibliche Seeleute (wenn auch in Frauenkleidern) gibt.

Mary Talbot und Hannah Snell zum Beispiel fallen in diese Kategorie. Mary Talbot war ein englisches Mädchen, das 1778 in London geboren wurde und Kapitän Essex Bowen als sein Laufbursche nach Westindien folgte, wo sie in die britische Marine eintrat und an einer Reihe von Schlachten beteiligt war, wie Ryann Schulte in ihrer Bachelorarbeit "But of Their Own Free-Will and Consent: Anne Bonny, Mary Read, and the Women Pirates in the Early Modern Times".

Einige Piratencrews haben - zusätzlich zum "normalen" Aberglauben der Zeit - ausdrückliche Vorschriften erlassen, die die Anwesenheit von Frauen an Bord ihrer Schiffe verbieten.

Diese Verbote wurden wahrscheinlich von dem Glauben beeinflusst, dass Frauen Ablenkungen oder Streitigkeiten unter der Besatzung verursachen könnten. Der Piratenkodex, der Bartholomew Roberts zugeschrieben wird und von Kapitän Charles Johnson in "# Schauplatz Der Englischen See-Räuber" (auf Englisch: "A General History of the Pyrates") dokumentiert ist, verbietet beispielsweise ausdrücklich die Anwesenheit von Frauen an Bord und spiegelt damit eine weit verbreitete Meinung unter den Piratencrews wider.

Die Frauen, die sich in die Piraterie wagten, taten dies (zumindest anfangs - aber wahrscheinlich die ganze Zeit über) oft in Verkleidung und nahmen männliche Züge an. Diese Täuschung war nicht nur notwendig, um innerhalb der Mannschaft akzeptiert zu werden, sondern auch, um sich in einer überwiegend männlichen und oft feindlichen Umgebung zu schützen.

Diese Frauen mussten ihre männliche Verkleidung konsequent aufrechterhalten, um nicht entdeckt zu werden und mögliche Konsequenzen zu vermeiden. Zumindest so lange, bis sie auf ihren eigenen Rechten und als wertvolle Mitglieder der Piratengesellschaft ausreichend anerkannt waren.

Anne Bonny und Mary Read sind zwar die berühmtesten Beispiele für Piratinnen, die sich als Männer verkleideten, aber es gab auch andere, weniger bekannte Persönlichkeiten, die sich dem Piratenleben stellten.

Historiker haben Berichte über einige andere weibliche Piraten aufgedeckt, die männliche Identitäten annahmen, obwohl ihre Geschichten nicht so gut dokumentiert oder gefeiert sind wie die von Bonny und Read. Und meistens erreichten sie nicht den Status, der es ihnen erlaubte, offen als Piratinnen aufzutreten. Und selbst Mary Reed traute sich lange Zeit nicht, sich auf einem Piratenschiff offen als Frau zu outen.

Die relative Seltenheit von Frauen in der Piraterie und die Notwendigkeit von Verkleidungen spiegeln die allgemeinen Einschränkungen der Gleichberechtigung der Geschlechter in der Piratengesellschaft wider. Diese Frauen konnten sich an der Piraterie beteiligen, indem sie männliche Persönlichkeiten annahmen, was jedoch eher von ihrem individuellen Mut und Einfallsreichtum zeugt als ein Hinweis auf fortschrittliche Geschlechternormen unter Piraten.

Diese Geschichten stellen das traditionelle Bild von der Piraterie als einer ausschließlich männlichen Unternehmung in Frage und verdeutlichen die außergewöhnlichen Anstrengungen, die einige Frauen unternahmen, um sich in dieser gefährlichen und geächteten Welt einen Platz zu sichern.

Berühmte weibliche Piraten: Anne Bonny und Mary Read

Anne Bonny und Mary Read sind die berühmtesten Frauenfiguren in der Geschichte der Piraterie. Ihre Geschichten werden ausführlich in Captain Charles Johnsons bahnbrechendem Werk "A General History of the Pyrates" beschrieben, das nach wie vor eine wichtige Quelle für das Verständnis der Piraterie im Goldenen Zeitalter ist.

Anne Bonnys Hintergrund und Piratenleben

Die Lebensgeschichte von Anne Bonny liest sich wie ein Abenteuerroman, voller Rebellion, Piraterie und Auflehnung gegen gesellschaftliche Normen.

Anne Cormac wurde um 1700 in der irischen Grafschaft Cork als uneheliche Tochter einer Dienstbotin, Mary Brennan, und eines verheirateten Anwalts, William Cormac, geboren.

Ihr Vater versuchte, sie als Junge zu verkleiden und sie als sein rechtmäßig gezeugtes Kind auszugeben. Dies führte - völlig unerwartet - schließlich zum sozialen und finanziellen Niedergang der Familie. Auf der Suche nach einem Neuanfang zog die Familie in die Carolinas, wo ihr Vater Plantagenbesitzer wurde.

Annes feuriges Temperament und ihr starker Wille waren schon in ihrer Jugend offensichtlich.

Da sie mit ihrem Leben in den Carolinas unzufrieden war, brannte sie mit James Bonny, einem Seemann und kleinen Piraten, durch und zog nach Nassau auf den Bahamas, damals ein bekannter Piratenhafen.

In Nassau nahm Annes Leben eine entscheidende Wendung. Sie lernte John "Calico Jack" Rackham kennen, einen charismatischen Piraten, der für seinen extravaganten Stil bekannt war.

Sie verließ James Bonny und schloss sich Rackham an, sowohl in einer Liebesbeziehung als auch als Teil seiner Piratencrew.

Anne, die sich als Mann verkleidete, wurde ein aktives und kämpferisches Mitglied von Rackhams Mannschaft. Ihr Geschlecht war nur Rackham und einigen wenigen Auserwählten bekannt. Anne Bonny erwarb sich schnell einen Ruf für ihren Mut und ihre Wildheit im Kampf.

Kapitän Charles Johnson beschreibt sie in A General History of the Pyrates" als jemand, dem es an persönlicher Tapferkeit nicht mangelte" und der tapfer an der Seite ihrer männlichen Kollegen kämpfte.

Ihre Identität als Frau gab sie nur in Kampfsituationen preis, was zu ihrem hervorragenden Ruf beitrug.

Annes Piratenkarriere war jedoch nur von kurzer Dauer. Im Oktober 1720 wurde Rackhams Mannschaft von einem vom Gouverneur von Jamaika beauftragten Piratenjagdschiff gefangen genommen.

Während Rackham und der größte Teil seiner Mannschaft vor Gericht gestellt und hingerichtet wurden, verzögerte sich der Prozess gegen Anne und Mary Read aufgrund ihrer Schwangerschaft. Die historischen Aufzeichnungen über Annes Schicksal nach der Gefangennahme sind undurchsichtig und voller Spekulationen. Einige glauben, dass sie freigelassen wurde und in ein traditionelles Leben zurückkehrte, während andere über verschiedene abenteuerliche Enden spekulieren.

Die Geschichte von Anne Bonny, einer der wenigen aufgezeichneten weiblichen Piraten, stellt die traditionelle Darstellung der Piraterie und der Rolle der Frau im frühen 18. Ihr Leben auf hoher See, als Teil einer berüchtigten Piratencrew, zeigt ihren Widerstand gegen die Geschlechternormen ihrer Zeit und ihr Streben nach einem Leben, das weit über die konventionellen Erwartungen an Frauen ihrer Zeit hinausging.

Ihr Vermächtnis fesselt noch immer Historiker und Liebhaber von Piratenüberlieferungen und macht sie zu einer bleibenden Figur der maritimen Geschichte.

Mary Reads Reise zur Piraterie

Mary Reads Leben war eine Abfolge außergewöhnlicher Ereignisse und Übergänge, vom Militärdienst zur Piraterie, die von ihrer Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit in einer von Männern dominierten Welt geprägt waren.

Mary Read wurde im späten 17. Jahrhundert in England geboren. Ihr genaues Geburtsjahr ist umstritten, wobei einige Quellen ein Datum um 1685 vorschlagen. Sie war die uneheliche Tochter einer Witwe, deren ehelicher Sohn früh gestorben war.

Um weiterhin finanzielle Unterstützung von ihrer Schwiegermutter zu erhalten, verkleidete sich Reads Mutter als Junge - eine Verkleidung, die Read für einen Großteil ihres Lebens beibehielt. Diese frühe Erfahrung, als Mann zu leben, beeinflusste wahrscheinlich ihre späteren Entscheidungen und ihre Fähigkeit, sich in männerdominierten Räumen zurechtzufinden.

Als junge Erwachsene, die immer noch als Mann lebte, fand Read eine Anstellung beim Militär. Sie diente sowohl in der britischen Armee als auch später angeblich in der Marine.

Ihre Zeit beim Militär war geprägt von der Teilnahme an verschiedenen Kampagnen, in denen sie ihre Fähigkeiten im Kampf und in der Führung entwickelte. In diesem Lebensabschnitt wurde ihre Fähigkeit, überzeugend als Mann zu leben, weiter gefestigt.

Nach ihrem Militärdienst wandte sich Read der Piraterie zu. Einigen Berichten zufolge ging sie nach ihrem Ausscheiden aus dem Militärdienst an Bord eines Schiffes, das zu den Westindischen Inseln fuhr und von Piraten gekapert wurde. I

Anstatt sich gefangen nehmen zu lassen, schloss sich Read den Piraten an, wobei sie ihre männliche Verkleidung beibehielt. Diese Entscheidung markierte den Beginn ihrer Karriere in der Piraterie.

Reads Weg führte sie schließlich in die Mannschaft von Calico Jack Rackham, demselben Piratenkapitän, mit dem Anne Bonny zusammengearbeitet hatte.

Auf Rackhams Schiff lernte sie Anne Bonny kennen, und wie Bonny war ihr wahres Geschlecht zunächst nur wenigen bekannt. Read bewährte sich an der Seite von Rackhams Mannschaft in der Piraterie und nahm an verschiedenen Überfällen und Seeschlachten teil.

Mary Reads Piratenkarriere wurde, ähnlich wie die von Anne Bonny, durch die Gefangennahme von Rackhams Mannschaft im Jahr 1720 beendet. Bei ihrem Prozess wurden Reads Geschlecht und ihre Schwangerschaft enthüllt, was ihre Hinrichtung verzögerte.

Ihre Geschichte gehört zusammen mit der von Anne Bonny zu den spannendsten Erzählungen in der Geschichte der Piraterie und veranschaulicht die verschwommenen Grenzen der Geschlechteridentität und -rollen im frühen 18. Mary Reads Vermächtnis ist nach wie vor ein faszinierendes Thema im historischen und feministischen Diskurs und symbolisiert eine einzigartige Form des Widerstands gegen Geschlechterzwänge und gesellschaftliche Erwartungen.

Geschlechternormen herausfordern

Sowohl Bonny als auch Read widersetzten sich den geschlechtsspezifischen Erwartungen ihrer Zeit. In einer Zeit, in der Frauen weitgehend auf häusliche Aufgaben beschränkt waren und als körperlich und seelisch schwächer galten als Männer, bewährten sich Bonny und Read im Kampf und unter den rauen Bedingungen des Piratenlebens. Ihre Teilnahme an Schlachten und Raubzügen war eine direkte Herausforderung an die gesellschaftlichen Normen, die die Rolle der Frau vorgaben.

Grenzen der Gleichberechtigung

Trotz der außergewöhnlichen Geschichten von Bonny und Read spiegeln ihre Erfahrungen nicht den allgemeinen Trend zur Gleichstellung der Geschlechter in der Piratengesellschaft wider. Auf den meisten Piratenschiffen waren Frauen nicht zugelassen, und die wenigen, die es schafften, mussten ihre Identität verschleiern. Diese Situation macht deutlich, dass es sich bei den Beispielen für die Gleichstellung der Geschlechter in der Piraterie eher um individuelle Ausnahmen als um systemische Veränderungen handelte.

Quellen und weiterführende Literatur

Mehr Quellen gibt es ganz am Ende, mir war es nur wichtig diesen Teil hier schon mal zu nennen.

Neben der bereits genannten und verlinkten "A General History of the Pyrates" von Captain Charles Johnson sollte man auch "Pirate Women: The Princesses, Prostitutes, and Privateers Who Ruled the Seven Seas" von Laura Sook Duncombe lesen.

Sook Duncombe hebt hervor, dass weibliche Piraten in der Geschichte oft nur eine Fußnote darstellen und im Schatten ihrer männlichen Gegenstücke stehen. Diese Unterrepräsentation weckte ihre Neugierde und führte zu einer tiefer gehenden Erforschung des Lebens und der Beiträge dieser Frauen.

Die weiblichen Piraten, von der nordischen Prinzessin Alfhild bis zu Sayyida al-Hurra von den Barbary-Korsaren, waren nach Ansicht von Sook Duncombe durch ein gemeinsames Streben nach Freiheit geeint. Ihre Hintergründe waren unterschiedlich, aber sie teilten die Erfahrung, an der Seite von männlichen Piraten zu segeln oder diese sogar zu befehligen.

Duncombe räumt auch ein, dass es schwierig ist, bei Piratengeschichten zwischen Mythos und Realität zu unterscheiden, insbesondere bei denen von Frauen.

Sie betont die Bedeutung von Transparenz und die Erkenntnis, dass einige Aspekte dieser Geschichten ebenso sehr Fiktion wie Tatsache sind. Die Beständigkeit dieser Geschichten trotz ihrer faktischen Ungewissheit spricht Bände über unsere Kultur und den historischen Kontext, aus dem diese Geschichten stammen.

Das Meer war ein Ort der Möglichkeiten und der Freiheit, der nicht durch die repressiven gesellschaftlichen Rollen, die Frauen auferlegt wurden, begrenzt war.

Das Seerecht, das auf See begangene Straftaten anders behandelt, und der fließende Charakter von Identitäten und Allianzen auf hoher See boten Frauen die Möglichkeit, sich neu zu erfinden und traditionellen Rollen zu entkommen.

Für Frauen war dies [sprich: die Piraterie] attraktiv, weil sie sich von den repressiven Rollen, in die sie in ihren eigenen Gesellschaften gesteckt worden waren, besser lösen konnten. Sie waren in der Lage, sich neu zu erschaffen. (Laura Sook Duncombe)

Piratinnen und ihr Einfluss auf den Kampf für Gleichberechtigung

Berichte und Erzählungen über weibliche Piraten wie Anne Bonny und Mary Read gab es zu der Zeit, als sie die Meere befuhren, und diese Berichte haben die Wahrnehmung von Geschlechterrollen und Feminismus im Laufe der Zeit tatsächlich beeinflusst.

Zeitgenössische Berichte über weibliche Piraten

Anne Bonny und Mary Read wurden am bekanntesten, aber nicht einzigartig in Captain Charles Johnsons "A General History of the Pyrates" beschrieben, das im frühen 18. Seine Schilderungen waren stark von der Geschlechterwahrnehmung seiner Zeit geprägt.

Dieses Buch, das als eine der wichtigsten Primärquellen über die Piraterie im Goldenen Zeitalter gilt, enthält detaillierte Berichte über ihre Heldentaten. Diese Geschichten waren zu ihrer Zeit bekannt und weit verbreitet und trugen zur Faszination der Öffentlichkeit für Piraten bei.

Der Einfluss der Piratinnen

Der direkte Einfluss dieser Piratinnen auf die frühen feministischen Bewegungen ist jedoch weit weniger klar. Es gibt zwar Berichte darüber, dass ihre Geschichten von späteren Frauen, die für das Wahlrecht kämpften, gelesen wurden, aber die Quellen sind spärlich.

Was wir als feministische Ideologien bezeichnen würden, nahm erst viel später, im 19. und 20. Jahrhundert, konkretere Formen an. Die Geschichten von Bonny und Read (sowie die Geschichten aller anderen Piratinnen, wie sie von Sook Duncombe beschrieben werden) wurden jedoch in der feministischen Literatur und im feministischen Diskurs als historische Beispiele für Frauen, die sich den Geschlechternormen und gesellschaftlichen Erwartungen widersetzten, wieder aufgegriffen und gefeiert.

In ihren Geschichten schwingen feministische Themen mit, wie die Infragestellung der traditionellen Rollen, die Frauen zugewiesen werden, und die Behauptung von Handlungsfähigkeit in von Männern beherrschten Räumen.

In der Literatur und später in der Populärkultur haben die Hinterlassenschaften dieser Piratinnen inspirierend gewirkt. Ihre Geschichten wurden in Romanen, Theaterstücken und Filmen neu interpretiert, wobei oft ihre Auflehnung gegen die Geschlechternormen hervorgehoben wurde.

Diese kulturelle Neuinterpretation und Würdigung kann als Teil der breiteren feministischen Bewegung gesehen werden, die sich um die Anerkennung und Ehrung von Frauen bemüht, die im Laufe der Geschichte gesellschaftliche Schranken durchbrochen haben.

Moderne Historikerinnen und Wissenschaftlerinnen der Geschlechterforschung analysieren das Leben von Bonny und Read häufig durch eine feministische Brille und betrachten ihre Handlungen und Entscheidungen im Kontext der Geschlechterpolitik.

Sie werden als Vorläufer Vorseglerinnen angesehen, die die Geschlechterschranken durchbrachen, auch wenn ihr unmittelbarer Einfluss auf das feministische Denken und die feministischen Bewegungen zu ihren Lebzeiten weder direkt noch anerkannt war.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Anne Bonny und Mary Read zwar zu ihrer Zeit bekannt waren und zur Faszination der Öffentlichkeit für Piraten beitrugen, ihr direkter Einfluss auf die frühen feministischen Bewegungen jedoch weniger offensichtlich ist. Ihre Geschichten wurden jedoch in späteren feministischen Erzählungen und kulturellen Werken als Beispiele für Frauen aufgegriffen, die die geschlechtsspezifischen Beschränkungen ihrer Zeit herausforderten und überwanden. Sie inspirieren und beeinflussen auch heute noch moderne Perspektiven auf Geschlechterrollen und Feminismus.

Interessante Nebenbemerkung

Wussten Sie, dass die erste historisch bekannte Piratin Königin Artemisia I. von Halikarnassos war, die irgendwann im fünften Jahrhundert vor Christus geboren wurde?

Der Piratenkodex: Eine frühe Form von Demokratie und Gleichheit

Der Piratenkodex, der in der Popkultur oft romantisiert wird, war ein greifbares und (ich würde sagen) entscheidendes Element für das Funktionieren der Piratengesellschaft. Denn die Piraten waren bei weitem nicht die gesetzlosen Abtrünnigen, als die sie oft dargestellt werden, sondern sie schufen durch diese Kodizes ihre eigene Form des Regierens und der sozialen Ordnung.

Beschreibung des Piratenkodex

Der Piratenkodex, oder "Articles of Agreement" (wie er oft genannt wird), diente als eine Reihe von Regierungsprinzipien an Bord von Piratenschiffen (und später an Land, zum Beispiel in der Piratenrepublik Nassau.

Diese Kodizes waren alles andere als willkürlich; sie waren für die Aufrechterhaltung von Ordnung und Zusammenhalt in der vielfältigen und oft unbeständigen Umgebung einer Piratencrew unerlässlich. Außerdem waren sie bemerkenswert langlebig und dennoch flexibel und anpassungsfähig. Man kann sehen, wie die Menschen sie an ihre Bedürfnisse anpassten und ihre Erfahrungen einfließen ließen.

Der Kodex war so etwas wie ein Gesellschaftsvertrag, an dessen Formulierung und Einhaltung jedes Mitglied beteiligt war.

Ein wichtiger Aspekt des Piratenkodex war sein demokratischer Charakter. Die Besatzungsmitglieder hatten in der Regel ein Mitspracherecht bei der Formulierung des Kodex, und in einigen Fällen stimmten sie sogar über seine Bestimmungen ab.

Stellen Sie sich dies in der heutigen Unternehmenswelt vor. Stellen Sie sich vor, die Arbeitnehmer würden über die Regeln für ihre Arbeit und ihre Bezahlung abstimmen. Ein solcher partizipatorischer Ansatz unterschied sich nicht nur massiv von dem, was zu seiner Zeit die Norm war, einer autokratischen und hierarchischen Gesellschaftsstruktur, vor allem in den Marinen und Handelsflotten der damaligen Zeit.

Diese Kodizes wären - zum größten Teil (wenn man die kooperativen Ansätze in der Wirtschaft, die übrigens durch diese Kodizes beeinflusst wurden, außer Acht lässt) - in der heutigen Geschäftswelt revolutionär. Und man könnte gefeuert werden, wenn man solche Ideen vorbringt.

Der Piratenkodex war eine der frühesten Formen eines "Bottom-up"-Governance-Systems, bei dem die Regeln von denen aufgestellt wurden, die sie befolgen sollten.

Variabilität und gemeinsame Elemente

Obwohl der Piratenkodex keineswegs für alle Crews einheitlich war, wies er dennoch sowohl Vielfalt als auch ein gewisses Maß an Gemeinsamkeiten in seinen Regeln und Vorschriften auf. Denn wenn (was regelmäßig geschah) Besatzungsmitglieder das Schiff oder den Kapitän wechselten, nahmen sie das, was sie wussten, mit, und der Kodex einer jeden Besatzung beeinflusste künftige Kodizes.

Diese Kodizes waren auch definitiv mehr als nur Vorschläge.

Vergessen Sie nie, dass diese Piratenkodizes verbindliche Verträge waren, denen jedes Besatzungsmitglied zustimmte und die es bei seinem Eintritt in das Schiff unterzeichnete. Sie bildeten einen formalen Rahmen für die (Selbst-)Führung und das Verhalten auf hoher See. Und sie hatten harte Konsequenzen, wenn sich die Leute nicht an die Regeln hielten.

Gemeinsame Elemente aller Piraten-Codes

Gerechte Verteilung der Beute
Im Mittelpunkt fast aller Piratenkodizes stand der Grundsatz der fairen und gerechten Verteilung der Beute.

Diese Praxis stand in krassem Gegensatz zu Marine- oder Handelsschiffen, wo die Hierarchie die Aufteilung der Beute stark beeinflusste.

In der Piratengesellschaft erhielt der Kapitän zwar einen größeren Anteil, aber diese Ungleichheit war deutlich geringer als die zeitgenössischen Normen. Es ist bekannt, dass der Anteil eines Kapitäns höchstens das Vierfache eines durchschnittlichen Matrosen betrug, was weit entfernt ist von der unverhältnismäßigen Entlohnung in modernen Unternehmensstrukturen, in denen das 160- bis über 300-fache des Durchschnittslohns eines Arbeiters oft als Entlohnung für den Vorstandsvorsitzenden angesehen wird.

Disziplinarverfahren:
In den Kodizes wurden ausdrücklich Disziplinarmaßnahmen für verschiedene Vergehen festgelegt. Geldstrafen, Marooning oder sogar Hinrichtung wurden für Vergehen wie Diebstahl oder Feigheit festgelegt, was die Ernsthaftigkeit unterstreicht, mit der die Piraten an Ordnung und Disziplin herangingen.

Die Piraten mussten sich in Situationen, in denen viel auf dem Spiel stand, gegenseitig vertrauen. Wer dieses Vertrauen missbrauchte, musste hart bestraft werden.

Entschädigung für Verletzungen:
In Anbetracht des frühen Verständnisses für berufliche Gefahren sahen viele Piratenkodizes eine Entschädigung für Verletzungen vor. Dies kann als Vorläufer der modernen Arbeiterentschädigung angesehen werden, bei der der Verlust eines Gliedes oder eines Auges zu einer bestimmten Zahlung führen kann.

Das war auch einer der Gründe dafür, dass die Piratencrews viel häufiger auf Einschüchterung als auf tatsächliche Gewalt zurückgriffen, da dies zu mehr und teureren Verletzungen geführt hätte, was nicht nur die Effektivität dieser Crews, sondern auch ihre Beute geschmälert hätte.

Konfliktlösung:
Zur Entschärfung von Konflikten wurden häufig Bestimmungen zur Streitbeilegung aufgenommen. Diese konnten von der Schlichtung durch den Kapitän oder den Quartiermeister bis hin zu kollektiveren Formen der Entscheidungsfindung reichen, die sicherstellten, dass Missstände auf faire Weise behandelt wurden.

Variabilität in Piraten-Codes

Kapitänsautorität
Einige Kodizes übertrugen dem Kapitän erhebliche Befugnisse, insbesondere während der Schlacht, während andere demokratischer waren, die Macht des Kapitäns einschränkten und die kollektive Entscheidungsfindung betonten.

In vielen Kodizes wurde der Quartiermeister als "Vertreter" der Besatzung eingesetzt, um ein Gegengewicht zur Autorität des Kapitäns zu bilden. Auf diese Weise entstand eine Führungsstruktur, die ein wenig an die zweigleisige Struktur moderner Unternehmen erinnert, deren Vorstand die Führung überwacht.

Verhaltensregeln:
Glücksspielverbote, Beschränkungen des Alkoholkonsums und Regeln für Frauen an Bord variierten in den verschiedenen Kodizes. So spiegeln sich die unterschiedlichen Prioritäten und Kulturen der verschiedenen Piratencrews wider.

Aus den Quellen geht auch hervor, dass die Kodizes geändert wurden, um spezifische Verhaltensregeln aufzunehmen, die auf bemerkenswerte Weise ein Instrument des institutionellen Lernens darstellen. Die Vorschrift, erst zu trinken, nachdem die Gefangenen ordnungsgemäß gesichert wurden, liest sich wie etwas, das von einer Besatzung auf die harte Tour gelernt wurde und im Laufe der Zeit seinen Weg in andere Besatzungen fand.

Wahl der Offiziere:
In einigen Besatzungen wurden die Offiziere, einschließlich des Kapitäns und des Quartiermeisters, demokratisch gewählt. Stell dir vor, du wählst deinen CEO. Stellen Sie es sich einfach vor.

Diese Praxis ermöglichte die Absetzung von Anführern, die als ineffektiv oder unpopulär angesehen wurden, und förderte den Sinn für Eigenverantwortung innerhalb der Besatzung.

Behandlung von Gefangenen:
Der Umgang mit gefangenen Besatzungsmitgliedern und Passagieren wurde unterschiedlich gehandhabt: Einige Kodizes sprachen sich für eine humane Behandlung aus, während andere weniger explizit waren und derartige Entscheidungen dem Ermessen der Besatzung überließen.

Der Piratenkodex stellte in seinen verschiedenen Formen einen frühen Versuch dar, eine ausgewogene und gerechte Gesellschaft zu schaffen, wenn auch innerhalb der Grenzen der Piraterie. Diese Kodizes unterstrichen die Bedeutung von Fairness, Disziplin und gegenseitigem Respekt und schufen einen Präzedenzfall für demokratische Regierungsführung und soziales Wohlergehen in einer Zeit, in der solche Konzepte bei weitem nicht die Norm waren.

Zeitleiste exemplarischer bekannter Piraten-Codes

Ich möchte versuchen, eine Zeitleiste mit beispielhaften bekannten Piratenkodizes zu erstellen, die zeigt, wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt haben. Und das zeigt die Gemeinsamkeiten in der Führung von Piratencrews. Ich hoffe, dass ich ein paar Einblicke in die Aspekte der Piratenkodizes geben kann, die konstant geblieben sind und die sich weiterentwickelt haben.

Und wie dies die sich verändernden Prioritäten und Umstände des Piratenlebens widerspiegelt.

Frühes 1700er-Jahr - Kapitän Bartholomew Roberts' Kodex

Mitte des 17. Jahrhunderts - Kapitän John Phillips' Code

Ende des 17. Jahrhunderts - Andere bemerkenswerte Piratenkodexe

Wie bereits geschrieben, war das Konzept gerechter Entlohnung und fairer Behandlung an Bord von Piratenschiffen während des Goldenen Zeitalters der Piraterie nicht nur eine Anomalie. Nein, es war ein, wenn nicht das wesentliche Kernstück und (nicht nur für die damalige Zeit) eine revolutionäre Praxis. Es stand in massivem Gegensatz zu den gesellschaftlichen Normen des 17. und 18.

In einer Zeit, die durch starre Klassenstrukturen und weit verbreitete Ungleichheit gekennzeichnet war, waren die Praktiken der Piratencrews ein radikales Experiment in Sachen sozialer Gleichheit und kollektiver Wohlfahrt. Mal ehrlich: In vielen Fällen wäre dies auch heute noch der Fall. Stellen Dir vor, der CEO von Shell würde nur viermal so viel wie der am schlechtesten bezahlte Shell-Angestellte verdienen. Undenkbar, oder? Nicht für Piraten.

Lass uns erforschen, wie es den Piraten - die von der Mehrheitsgesellschaft oft als Geächtete und Abtrünnige dargestellt werden - gelungen ist, eine so erstaunlich egalitäre Gesellschaft aufzubauen und zu erhalten.

Eine Gesellschaft, die sich nicht nur in einer so unberechenbaren und gesetzlosen Umgebung wie dem offenen Meer bewährt hat. Sondern die es vielen Menschen ermöglichte, tatsächlich etwas zu erreichen (und wenn auch manchmal nur kurz und am Ende tödlich). Wir wollen uns mit den Grundsätzen und Praktiken befassen, die dieser einzigartigen Gesellschaftsstruktur zugrunde lagen. Ich möchte auch betrachten, wie diese Menschen, die oft von der Mehrheitsgesellschaft abgelehnt wurden oder in Opposition zu ihr standen, ein System der Regierungsführung und des sozialen Wohlergehens schufen, das in vielerlei Hinsicht seiner Zeit weit voraus war.

Ein System, das, wenn man es ihnen aufzwingen würde, die Führer großer internationaler Konzerne heute nachts mit Angstschreien und schweißgebadet aufwachen lassen würde. Davon bin ich zumindest überzeugt.

Ich möchte etwas näher auf die Lohnstrukturen, die Behandlung von Besatzungsmitgliedern und den allgemeinen Ansatz für Gleichheit und Gerechtigkeit an Bord von Piratenschiffen eingehen. Denn ich glaube, dass dies Erkenntnisse bietet, die unserer Gesellschaft, unseren Unternehmensstrukturen heute zugute kommen könnten. Nicht nur in kooperativen Geschäftsumgebungen (die, wie einige Historiker übrigens zugeben, sehr wahrscheinlich von den gesellschaftlichen Regeln der Piraten direkt beeinflusst wurden).

Ich will versuchen, ein tieferes Verständnis für das Piratenethos und seine Auswirkungen auf unsere Vorstellungen von Gleichheit und Gerechtigkeit in historischen und modernen Kontexten zu gewinnen. Mal sehen, ob mir das gelingt.

Gleiche Verteilung der Beute

Die gleichmäßige Aufteilung der Beute unter den Piratenmannschaften stellt eine erhebliche Abweichung von den normativen Praktiken der damaligen Zeit dar. Sie bietet einen faszinierenden Einblick in das Ethos der Piraten, insbesondere wenn man ihre Auswirkungen auf unser Verständnis von Gleichheit und Gerechtigkeit sowohl in historischer als auch in heutiger Zeit betrachtet.

Dies hatte allerdings auch tiefe Wurzeln in rein unromantisch wirtschaftlichen Aspekten, da die Piraten gute, erfahrene Menschen/Seefahrer brauchten und eine faire Behandlung (in Form von Entschädigung und anderweitig) eine Möglichkeit war, desillusionierte Seeleute von den regulären Seeflotten abzuwerben. Oder nach einem Überfall auf deren Schiff als neue Crewmitglieder zu gewinnen.

Grundsatz der Gleichheit

Wie bereits erwähnt, war der gesellschaftliche Kontext des 17. und 18. Jahrhunderts so beschaffen, dass die sozialen und wirtschaftlichen Strukturen extrem starr hierarchisch waren. Gerade auf See.

Auf Marine- und Handelsschiffen herrschte ein System, in dem der Kapitän und die Offiziere einen unverhältnismäßig großen Anteil an den Gewinnen erhielten, während die einfachen Seeleute nur sehr wenig bekamen. Wenn überhaupt. Oft waren sie "gepresst", also auf das Schiff entführt und ob sie entlohnt wurden stand nicht fest.

Die Arbeit auf einem Marineschiff konnte einem meist um die £25 einbringen für die gesamte Reise, also so lange, wie man weg von Zuhause war. Falls man, wie gesagt, überhaupt bezahlt wurde. Das entspricht heute etwa 6.836 Pfund.

Auf einem Piratenschiff konnte die Beute in einem Jahr leicht 1.000 Pfund betragen. Aber - da man nur verdiente, wenn es Beute zu verteilen gab, konnte es auch deutlich weniger sein.

Als John Taylor und Oliver La Bouche das portugiesische Schiff Nostra Senhora de Cabo auf der Insel Réunion kaperten, umfasste die Beute 500.000 Pfund in Diamanten, Gold und anderen Wertgegenständen, während der Rest der Ladung weitere 375.000 Pfund zur verteilbaren Beute beitrug.

Die Piratenschiffe verfolgten - wie gezeigt - einen eher sozialen/sozialistischen/egalitären/gleichberechtigten Ansatz. Die bei Raubzügen erlangte Beute wurde relativ gleichmäßig unter der Besatzung aufgeteilt, unabhängig von ethnischer Herkunft, Geschlecht oder vormaliger gesellschaftlicher Stellung.

Dies war eine bewusste Abkehr von den vorherrschenden sozialen Hierarchien und eine Hinwendung zu einem egalitären System. Und es ermöglichte es den Crews, gute Seeleute anzuziehen und anzuheuern.

Diese Praxis war eben aber nicht nur eine Frage der Praktikabilität. Sie war tief im Ethos der Piraten verwurzelt, die die in ihrem Handeln und in ihrer "Philosophie" ja gerade die bestehende Gesellschaftsordnung in Frage stellten und ein gerechteres System schaffen wollten. Gerade nachdem sie das Schlimmste in den Flotten gesehen hatten, erkannten die Piraten, die oft selbst zu den Ausgestoßenen gehörten, den Wert von Fairness und Gerechtigkeit auf eine für die damalige Zeit radikale Weise.

Auswirkungen auf die Moral der Besatzung

Die gerechte Aufteilung der Beute hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Moral der Mannschaften.

Wenn jedes Mitglied der Besatzung, vom Kapitän bis zum jüngsten Rekruten, einen gerechten Anteil erhielt, förderte dies das Gefühl der Einheit und half der kollektiven Zielsetzung. In einem Umfeld, in dem Vertrauen und Zusammenarbeit für das Überleben mehr als wichtig waren, aus meiner Sicht ein nicht zu unterschätzender Aspekt.

Das Versprechen eines gerechten Anteils an der Beute bedeutete, dass jedes Besatzungsmitglied ein greifbares, persönliches Interesse am Erfolg ihrer gemeinsamen Unternehmungen hatte. Dies war sicherlich ein Anreiz für aktive Beteiligung und Loyalität, da der Erfolg des Einzelnen untrennbar mit dem Erfolg aller verbunden war. Und es schafft einen Anreiz dafür auch seinem "Nachbarn" zu helfen, weil wenn man Erfolg nur gemeinsam haben kann - und daher auch nur gemeinsam profitieren kann - ist es rational kollaborativ und gemeinschaftlich zu handeln.

Stell dir vor, was dies für moderne Arbeitsumgebungen bedeuten könnte. Gerade in Umfeldern, die nicht aus reinen Einzelkämpfern bestehen, sondern bei denen man nur im Team etwas erreichen kann. Wie sollten hier wohl sogenannte "Incentivestrukturen" aussehen?

Bei der Recherche über diese piratische Praxis der gerechten Beuteaufteilung wurde mein heutiges Verständnis von Gleichheit und Gerechtigkeit tatsächlich noch einmal tief erschüttert. Und ich würde sagen, dass ich auf dem Spektrum schon eher weit im "Sozialistischen Denken" hänge. Zumindest, wenn ich mich mit vielen Menschen vergleiche, die ich aus Gesprächen kenne.

Ich war fassungslos, als ich von diesen Praktiken erfuhr. Und der Gedanke, was das in der heutigen Arbeitswelt bedeuten könnte, hat mich - unter anderem - dazu inspiriert, so ausführlich darüber zu schreiben.

Diese Praktiken sind ein frühes Beispiel für ein System, das dem kollektiven Wohlergehen und der Fairness Vorrang vor individuellem Gewinn und hierarchischen Privilegien einräumt. Unabhängig von Alter, Dienstalter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit oder einem anderen scheinbar trennenden Faktor.

Fuck, wie krass bitte wäre ein Wirtschaftssystem, dass so denken würde? Mir fallen hier keine wirklich guten Beispiele ein. Vielleicht noch am ehesten Goldeimer mit ihrem Entlohnungsmodell, aber sonst?

Für mich lädt dieser Aspekt des Piratenlebens dazu ein, unsere derzeitigen gesellschaftlichen Strukturen und die Verteilung von Reichtum und Ressourcen zu überdenken.

Zusammenfassend will ich sagen, dass der Ethos der Piraten, wie er sich in der Praxis der gleichmäßigen Verteilung der Beute zeigt, für mich eine einzigartige Perspektive auf Begriffe wie Fairness und kollektive Verantwortung bietet. Hier werde ich jedenfalls in Zukunft noch einige Runden in meinem Gedankenkarussell drehen.

Ich betrachte es als ein historisches Zeugnis für die Möglichkeit, selbst (oder vielleicht gerade) unter den unwahrscheinlichsten Umständen gerechte Systeme zu schaffen, und fordere uns auf, unsere derzeitigen Ansätze für Gleichheit und Gerechtigkeit kritisch zu überdenken.

Richtlinien für faire Behandlung

Die Vorschriften der verschiedenen Kodizes waren für die Schaffung eines Gefühls von Gerechtigkeit und Fairness an Bord von Piratenschiffen von entscheidender Bedeutung. Diese Kodizes waren nicht nur für ihre Zeit revolutionär. Sie legten auch den Grundstein für eine egalitäre und kooperative Gemeinschaft, die für das Überleben der Piratencrews unerlässlich war.

Umgang mit Ausbeutung und Fehlverhalten

In den hierarchischen Strukturen fast aller Marine- (und auch Handels-)schiffe jener Zeit waren Ausbeutung und Missbrauch von rangniedrigeren Besatzungsmitgliedern üblich (wenn nicht sogar die Norm). Die Piraten, die solche Misshandlungen oft selbst erlebt hatten, schufen daher Kodizes, um solche Ungerechtigkeiten auf den Schiffen, auf denen sie dienten, zu verhindern.

Die Kodizes der Piraten sollten sicherstellen, dass jedes Besatzungsmitglied unabhängig von seinem Hintergrund, seiner Rolle oder seiner Herkunft mit Fairness und Respekt behandelt wurde. Einige Kodizes untersagten beispielsweise ausdrücklich die Misshandlung von Besatzungsmitgliedern und sahen Mechanismen zur Behebung von Missständen vor.

Dieser Ansatz war in anderen zeitgenössischen maritimen Organisationen unbekannt.

Auswirkungen auf die Moral und den Zusammenhalt der Besatzung

Die Richtlinien für faire Behandlung trugen wesentlich dazu bei, eine zusammenhaltende und kooperative Gemeinschaft auf einem Piratenschiff aufzubauen. Dies war eine wesentliche Notwendigkeit in den Hochrisikoumgebungen, über die wir hier sprechen, wo Vertrauen und Zusammenarbeit sowohl für das Überleben als auch für den Erfolg grundlegend waren.

Der egalitäre Ansatz der Piratencrews stand in krassem Gegensatz zu der harten und oft brutalen Disziplin an Bord von Marineschiffen. In vielen Seestreitkräften waren körperliche Strafen an der Tagesordnung, und Seeleute mit niedrigeren Rängen hatten kaum Möglichkeiten, sich gegen ungerechte Behandlung zu wehren.

Die gerechteren Verhältnisse an Bord von Piratenschiffen waren daher oft attraktiver für Seeleute und trugen dazu bei, dass die Piraten in der Lage waren, ihre Besatzungen anzuwerben und zu halten. Die Piraten lernten im Grunde, dass man gute Talente nur dann anziehen kann, wenn man sie fair und gut behandelt.

Eine faire Behandlung förderte auch die Loyalität unter den Besatzungsmitgliedern. Die Piraten wussten, dass ihr Wohlergehen ein kollektives Anliegen war und dass jeder einzelne Beitrag von allen anderen geschätzt wurde.

Dieses Gefühl der Zugehörigkeit und des gegenseitigen Respekts stärkte die Moral und die Effektivität der Piratencrews und machte sie trotz ihres Status als Geächtete zu formidablen Gegnern.

Entschädigung für Verletzungen

Das Konzept der Entschädigung für Verletzungen unter Piraten ist meiner Meinung nach ein sehr frühes Beispiel für Maßnahmen der sozialen Sicherheit. Es zeugt von einem fortschrittlichen Verständnis von Arbeiterwohlfahrt und Solidarität in einer ansonsten gesetzlosen Umgebung.

Pionierarbeit bei der Entschädigung von Arbeitnehmern

Das Leben der Piraten war voller Gefahren, von Kämpfen bis hin zu Unfällen an Bord der Schiffe. Die Seeleute waren daran gewöhnt. Und an die negativen Auswirkungen, die Verletzungen auf ihre Möglichkeiten hatten, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

In Anbetracht dieser Risiken enthielten die Kodizes der Piraten häufig Bestimmungen zur Entschädigung von Besatzungsmitgliedern, die bei der Ausübung ihrer Pflichten verletzt wurden.

In einer Zeit, in der geschädigte Arbeitnehmer in den meisten Berufen wenig bis gar keine Unterstützung hatten, war der Ansatz der Piraten außergewöhnlich fortschrittlich.

In vielen Bereichen der heutigen globalen Gesellschaften ist dieser Ansatz immer noch revolutionär. In der Gesellschaft des 17. und 18. Jahrhunderts waren verletzte oder behinderte Arbeiter oft auf sich allein gestellt, was zu Armut und Elend führte.

Spezifische Bestimmungen in den Kodizes

Die Piratengesetze hatten eine Skala für verschiedene Arten von Verletzungen. So konnte der Verlust eines Arms oder Beins einem Piraten eine beträchtliche Summe als Entschädigung einbringen. So hatte er eine Absicherung, wenn er nicht mehr an Raubzügen teilnehmen konnte. Der Verlust eines Fingers oder eines Auges wurde entsprechend weniger hoch entschädigt.

Im Kodex von Bartholomew Roberts war beispielsweise festgelegt, dass der Verlust des rechten Arms mit 600 Achterstücken entschädigt wurde, während der Verlust des linken Arms mit 500 entschädigt wurde.

Wenn man den sogenannten "Spanischen Dollar" (ein Achterstück) in britische Währung umrechnet, entsprechen 600 Achterstücke ungefähr einem Wert von 120 bis 150 britischen Pfund. Dieser Betrag war zu jener Zeit definitiv eine beträchtliche Summe. Vor allem für einen einfachen Seemann oder Arbeiter, für den ein paar wenige Pfund im Jahr ein typischer Lohn waren.

Dieser Grad an Spezifität bei der Entlohnung war einzigartig und zeugte von einem differenzierten Verständnis für den Wert und die Risiken der Arbeit als Pirat. Aber über die finanzielle Entschädigung hinaus bedeutete dieser Ansatz auch ein Gefühl der kontinuierlichen Unterstützung innerhalb der Piratengemeinschaft.

Verletzte Piraten wurden nicht einfach "weggeworfen", sondern versorgt, was eine gemeinschaftliche Verantwortung für das Wohlergehen des Einzelnen widerspiegelt.

Auswirkungen auf das Piratenethos und die Loyalität der Besatzung

Derartige Regeln stärkten die Gemeinschaft und Loyalität unter den Piraten deutlich. Denn sie wussten, dass man sich im Falle einer Verletzung um sie kümmern würde. Das förderte ein tieferes Engagement für die Mannschaft und ihre Raubzüge.

Für viele Seeleute war die Aussicht auf eine solche Sicherheit ein wesentlicher Faktor, der sie zur Piraterie verleitete. Vor allem, wenn man sie mit dem mangelnden Schutz in anderen maritimen Berufen vergleicht.

Denn die Wahrscheinlichkeit von Unfällen, Verletzungen und Arbeitsunfähigkeit war auch in den regulären Flotten nicht gerade klein.

Auswirkungen auf Zusammenhalt und Effektivität

Die beschriebene faire Behandlung der Mitglieder der Piratenmannschaft spielte eine wichtige Rolle bei der Entwicklung und Förderung von Vertrauen, Loyalität und operativer Effizienz.

Meiner Ansicht nach trug sie signifikant zum Gesamterfolg der Piratenunternehmungen bei.

Aufbau von Vertrauen und Loyalität

Die fairen und demokratischen Praktiken an Bord der Piratenschiffe schufen also ein starkes Gefühl der Solidarität.

Die Tatsache, dass sie wussten, dass man sich um ihr Wohlergehen kümmerte und sie unabhängig von ihrer Herkunft oder Position gerecht behandelte, förderte dazu eine tief verwurzelte Loyalität unter den Piraten.

Selbst- und Mitbestimmung, faire Bezahlung, soziale Absicherung und Beurteilung nicht nach Herkunft oder Ethnie, wer hätte gedacht, dass das zu einer gerechten und loyalen Gesellschaft führen würde.

In einer Welt, in der die Gefahr ein ständiger Begleiter war, waren dieses Vertrauen und diese Loyalität nicht nur nützlich, sondern auch notwendig. Die Piraten waren aufeinander angewiesen, um bei ihren Raubzügen erfolgreich zu sein und auf See zu überleben, und diese gegenseitige Abhängigkeit wurde durch ihre gerechte Behandlung noch verstärkt.

Verbesserung der "betrieblichen" Effizienz

Darüber hinaus sorgte das aus der fairen Behandlung resultierende Gefühl der Zusammengehörigkeit dafür, dass alle Besatzungsmitglieder in ihren Zielen übereinstimmten.

Da die Belohnungen gerecht verteilt wurden, hatte jedes Mitglied ein berechtigtes Interesse am Erfolg der gemeinsamen Aktionen. Eine gerechte Behandlung half auch dabei, interne Konflikte und Machtkämpfe zu minimieren, wie sie auf hierarchischer strukturierten Marine- und Handelsschiffen üblich waren.

Dies ermöglichte auch reibungslosere Abläufe und eine effizientere Entscheidungsfindung.

Der Ruf der fairen Behandlung machte die Piratencrews auch für qualifizierte Seeleute attraktiv. Dieser Zustrom von Talenten verbesserte die operativen Fähigkeiten und die Effektivität der Piratenschiffe weiter.

Vorteil im Vergleich gegenüber traditionellen Seeschiffen

Das Maß an Zusammenhalt und Effektivität, das die Piratencrews erreichten, stand in krassem Gegensatz zu den oft harten und ungerechten Bedingungen auf Marine- und Handelsschiffen.

Die Zustände dort waren wahrlich heftig.

Die starren Hierarchien und die ungerechte Behandlung in diesen traditionellen maritimen Umgebungen führten oft zu Unzufriedenheit und Ineffizienz. Die innovative Sozialstruktur der Piraten und die gerechte Behandlung der Besatzungsmitglieder waren daher nicht nur eine moralische Entscheidung, sondern ein strategischer Vorteil, der zum Erfolg und zur Berühmtheit der Piratencrews im Goldenen Zeitalter der Piraterie beitrug.

Inklusion und Akzeptanz von Vielfalt

Piratenschiffe waren nicht nur Schiffe des Diebstahls und der Rebellion. Au contraire! Sie waren auch ein einzigartiges soziales Umfeld, in dem Inklusion und Akzeptanz von Vielfalt gediehen. Wenn Sie bis zu diesem Punkt gelesen haben, verspreche ich Ihnen, dass Sie immer noch erstaunt sein werden über das, was folgt.

Diese Akzeptanz und Vielfalt unterschied sich deutlich von den starren, oft diskriminierenden Gesellschaften, aus denen diese Piraten hervorgingen. Ich möchte weiter segeln und ein wenig tiefer in den Schmelztiegel der Kulturen eintauchen, den die Piratencrews repräsentierten. Und weiter, wie diese Vielfalt nicht nur ein akzeptierter, sondern ein integraler Bestandteil der Lebensweise der Piraten war.

Schmelztiegel der Kulturen & persönliche Hintergründe

Piratenschiffe waren sehr oft ein Mikrokosmos der globalen Welt. Denn die Besatzungen wurden in einem Verfahren zusammengestellt, das man mit der modernen internationalen Rekrutierung vergleichen könnte. Bei der Auswahl der Besatzungsmitglieder machten die Piraten also keinen Unterschied nach Nationalität.

Da sie sehr regelmäßig Matrosen von erbeuteten Schiffen aufnahmen, führte dies natürlich zu einer Mischung von Nationalitäten. Und - diese Praxis war nicht nur aus der Not heraus entstanden. Es war eine strategische Entscheidung, die es ermöglichte, eine Vielzahl von Fähigkeiten und Kenntnissen zu bündeln.

Die Piraten wussten bereits, dass eine vielfältige Gruppe von Menschen unterschiedlichste Lösungen für Probleme finden kann.

Die Vielfalt auf den Piratenschiffen beschränkte sich bei weitem nicht auf die Nationalität. Sie erstreckte sich auch auf die ethnische Zugehörigkeit, manchmal (wie oben gesehen) auf das Geschlecht und die frühere soziale Stellung. Europäische Piraten segelten oft zusammen mit Afrikanern, sowohl mit freien Männern als auch mit entlaufenen Sklaven. Ehemalige Plantagenbesitzer segelten zusammen mit ehemaligen Sklaven.

Diese Einbeziehung war angesichts der in dieser Zeit vorherrschenden Rassendiskriminierung und Sklaverei besonders bemerkenswert. Wie bereits ausführlich beschrieben, spielten afrikanische Piraten oft eine entscheidende Rolle, manchmal stiegen sie sogar in Führungspositionen auf, was im krassen Gegensatz zu den starren Rassenhierarchien an Land stand.

Die Anwesenheit von Besatzungsmitgliedern aus verschiedenen Kontinenten bedeutete, dass Piratenschiffe Orte waren, an denen verschiedene Sprachen, Bräuche und Glaubensrichtungen aufeinander trafen. Dieser kulturelle Schmelztiegel könnte zu einzigartigen Traditionen und Praktiken an Bord geführt haben, von denen einige eine Verschmelzung verschiedener Kulturen gewesen sein könnten. Es ist interessant, darüber zu spekulieren, wie diese Interaktionen die Ansichten und Haltungen der Piraten gegenüber anderen Kulturen und Rassen beeinflusst haben könnten. Leider hat davon nicht viel die Jahrhunderte überdauert.

Die unterschiedliche Zusammensetzung der Piratencrews bot auch einen taktischen Vorteil.

Mehrsprachige Besatzungsmitglieder konnten bei Überfällen, Verhandlungen oder beim Navigieren in fremden Gewässern von unschätzbarem Wert sein. Darüber hinaus waren Besatzungsmitglieder, die sich in verschiedenen Regionen der Welt auskannten, bei der Planung von Angriffen oder Fluchten von großem Vorteil, da sie Insiderwissen über lokale Gewässer, Handelsrouten und Häfen vorweisen konnten.

Piratenbesatzungen überlisteten (oder "kannten" zumindest) viele Marinebesatzungen.

Die Lebensgeschichten dieser Piraten waren ebenso unterschiedlich. Einige waren ehemalige Matrosen, andere waren Sklaven oder Dienstboten, und einige kamen aus kriminellen Verhältnissen. Diese Vielfalt an Erfahrungen brachte ein reiches Spektrum an Fähigkeiten und Perspektiven in das Piratenleben ein.

Auch die beruflichen Hintergründe der Mitglieder der Piratencrews waren unglaublich vielfältig. Viele ehemalige Seeleute der Marine oder der Handelsflotte, die von den harten Bedingungen und der geringen Bezahlung in den nationalen Marinen oder Handelsflotten enttäuscht waren, wechselten buchstäblich das Schiff.

Ihre Fähigkeiten in den Bereichen Navigation, Schiffshandhabung und Kampf waren von unschätzbarem Wert für die Sache der Piraten. Andere waren Fischer, die an die Härten des Lebens auf See gewöhnt waren und überlebenswichtige Fähigkeiten mitbrachten.

Die Piraten kamen auch aus unterschiedlichen sozioökonomischen Verhältnissen. Einige waren in ihrem früheren Leben Kriminelle oder Rebellen gewesen, die möglicherweise zur Piraterie als Form des Widerstands gegen unterdrückerische Regierungen oder Wirtschaftssysteme getrieben wurden.

Es gab aber auch Geschichten von Gentlemen oder Adligen, die sich der Piraterie aus Abenteuerlust oder als eine Form der sozialen Rebellion zuwandten. Diese Mischung bereicherte die Piratencrews um eine Vielzahl von Perspektiven und Motivationen.

Für die bereits beschriebenen entlaufenen/befreiten Sklaven oder Vertragsbediensteten bot die Piraterie einen Anschein von Freiheit und Autonomie, der in den Gesellschaften, aus denen sie geflohen waren, unerreichbar war. Ihre Beteiligung an der Piraterie war nicht nur ein Mittel zum Überleben, sondern auch ein Statement gegen die Unterdrückungssysteme, die sie erlebt hatten.

Es muss deutlich gesagt werden, dass das kriminelle Element innerhalb der Piratencrews nicht zu übersehen ist. Einige Piraten hatten einen Hintergrund in Schmuggel, Diebstahl oder anderen Formen der Gesetzlosigkeit. Dieses kriminelle Fachwissen in Verbindung mit den maritimen Fähigkeiten ehemaliger Seeleute bildete eine wirksame Mischung, die die Piratencrews in ihrem Geschäft sehr effektiv machte.

Unabhängig von ihrer Herkunft machten viele Piraten in ihrem früheren Leben die gleichen Erfahrungen mit Entbehrungen, Unterdrückung oder Entrechtung. Diese Gemeinsamkeiten könnten ein Gefühl der Kameradschaft und Solidarität innerhalb der Besatzung gefördert haben, was zu dem relativ demokratischen und egalitären Charakter der Piratengesellschaft beitrug.

Die unterschiedlichen Hintergründe trugen zu der einzigartigen Kultur auf den Piratenschiffen bei. Sie beeinflusste wahrscheinlich ihre Verhaltenskodizes, die Art und Weise, wie sie ihre Beute teilten, und ihre sozialen Interaktionen. Diese kulturelle Vielfalt kann als Vorläufer der modernen Vorstellungen von Inklusion und Teamarbeit am Arbeitsplatz angesehen werden.

Kultureller Austausch und Zusammenarbeit

Auf Piratenschiffen war der kulturelle Austausch nicht nur ein Zufall, sondern ein wesentlicher Aspekt des täglichen Lebens. Die aus verschiedenen Teilen der Welt stammenden Besatzungsmitglieder fanden sich oft in Situationen wieder, in denen das Erlernen neuer Sprachen und die Übernahme von Praktiken aus anderen Kulturen erforderlich waren.

Diese geistige Flexibilität und Anpassungsfähigkeit war in Anbetracht der unterschiedlichen Hintergründe und Sprachen an Bord für die Aufrechterhaltung des Zusammenhalts und der betrieblichen Effizienz von entscheidender Bedeutung. Die Notwendigkeit, über kulturelle Grenzen hinweg zu verstehen und zu kommunizieren, förderte ein Umfeld, in dem das gegenseitige Lernen nicht nur von Vorteil, sondern überlebenswichtig war.

In der Welt der Piraterie war der Hintergrund einer Person zweitrangig gegenüber ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Ein geschickter Navigator, ein geschickter Kämpfer oder ein fähiger Zimmermann waren hoch geschätzte Mitglieder jeder Mannschaft. Unabhängig von Nationalität, sozialem Hintergrund oder Rasse. Dieser leistungsorientierte Ansatz stand im krassen Gegensatz zu den starren Klassen- und Rassenhierarchien der damaligen Zeit. Dies galt insbesondere für die Flottenangehörigen.

Die Piraten schätzten praktische Fähigkeiten und Kenntnisse, was dazu beitrug, ein Gefühl der Gleichheit zu schaffen und zu fördern und gegenseitigen Respekt aufzubauen. Diese Betonung der Fähigkeiten gegenüber dem sozialen Status trug zu einem wesentlich egalitäreren Umfeld bei.

Auswirkungen auf die soziale Dynamik

Die soziale Dynamik auf einem Piratenschiff unterschied sich deutlich von den normativen Strukturen der damaligen Zeit. Menschen mit unterschiedlichem Hintergrund, die unter anderen Umständen vielleicht sogar verfeindet gewesen wären, arbeiteten zusammen.

Historische Aufzeichnungen zeigen, dass sich Piratencrews oft aus Individuen unterschiedlicher sozialer Schichten, Rassen und Nationalitäten zusammensetzten.

Blackbeards Besatzung bestand beispielsweise zu 60 % aus Afrikanern (wie bereits beschrieben), was auch heute noch von Bedeutung wäre. In Anbetracht der rassistischen Einstellungen der damaligen Zeit würde ich das als erstaunlich bezeichnen. Aber diese Integration war nicht nur eine Frage der Bequemlichkeit. Sie war eine bewusste, auf Überleben und Effizienz ausgerichtete Entscheidung. Die Besatzungsmitglieder mussten sich unabhängig von ihrer Herkunft in Kämpfen, bei der Navigation und im täglichen Schiffsbetrieb aufeinander verlassen, was ein einzigartiges Gefühl der Zusammengehörigkeit förderte.

Piraten rebellierten in gewisser Weise nicht nur gegen das Gesetz, sondern auch gegen gesellschaftliche Normen. Damit schufen sie einen Raum, in dem der Wert einer Person viel mehr durch ihre Fähigkeiten und Beiträge als durch ihre Herkunft oder ihren sozialen Status bestimmt wurde.

Sobald die Piraten an Bord eines Schiffes waren, nahmen sie oft eine neue Identität an, die sie von ihrem früheren Leben distanzierte. Diese Piratenidentität überschritt die traditionellen nationalen und kulturellen Grenzen und schuf eine einzigartige Subkultur. Die Menschen begannen, sich als Piraten zu identifizieren. Nicht als Engländer, Franzosen oder Niederländer. Oder als Afrikaner, Sklave, Plantagenbesitzer.

Die Piratensubkultur war also eine Mischung aus einer Kakophonie von Einflüssen. Geformt durch den Hintergrund ihrer Mitglieder. Die neue Identität zeichnete sich häufig durch ein gemeinsames Ethos, eine gemeinsame Sprache und gemeinsame Bräuche aus, die eine eigene Piratenkultur bildeten.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Übernahme der Jolly Roger, der berühmten Piratenflagge. Sie symbolisierte die Lebensweise der Piraten und diente als verbindendes Emblem für Crews mit unterschiedlichem Hintergrund. Die Flagge selbst, auf der oft ein Totenkopf abgebildet ist, wurde zu einer Ikone der Piratenkultur und des Widerstands gegen die bestehende Ordnung. Noch immer hat jede Besatzung, jeder Piratenkapitän seine eigene Version davon (sogar zurück als bereits ikonische Marke - übrigens wahrscheinlich die erste echte globale Marke).

Die Lebensweise der Piraten kann in vielerlei Hinsicht als Vorläufer der modernen Vorstellungen von Inklusivität und Akzeptanz gesehen werden und zeigt eine Form der sozialen Dynamik, die ihrer Zeit weit voraus war.

Notwendigkeit des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit

Das einzigartige Umfeld der Piraterie schuf eine soziale Organisation, in der gegenseitiger Respekt und Zusammenarbeit nicht nur geschätzt wurden, sondern für das Überleben unerlässlich waren. In den folgenden Abschnitten wollen wir uns ansehen, wie wichtig diese Dynamik an Bord von Piratenschiffen war.

Das Leben auf See, insbesondere in der Piraterie, war von Natur aus gefährlich. Die Bedrohungen reichten von Konfrontationen mit der Marine bis hin zu den Herausforderungen der Navigation in tückischen und unbekannten Gewässern. Der Erfolg in der Piraterie hing von einer Mannschaft ab, die als geschlossene Einheit agieren konnte, insbesondere unter hohem Druck und in Situationen, in denen viel auf dem Spiel stand.

Die Notwendigkeit einer effektiven Teamarbeit war absolut entscheidend.

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen: Bei Seegefechten war die Rolle jedes einzelnen Besatzungsmitglieds, von der Handhabung der Segel bis zur Bemannung der Kanonen, entscheidend. Die Koordination, die für das Segeln, Kämpfen und Navigieren erforderlich war, machte deutlich, wie wichtig die Rolle jedes Einzelnen für den gemeinsamen Erfolg des Unternehmens war. Eine klare und gute Kommunikation war für das Funktionieren der Mannschaft unerlässlich. Unabhängig davon, aus welchem Land der einzelne Pirat stammte.

Das Leben jedes einzelnen Piraten und der Erfolg ihrer gemeinsamen Unternehmungen hingen oft von den Fähigkeiten und der Zusammenarbeit ihrer Kameraden ab. Jede Fähigkeit und Rolle, sei es ein erfahrener Navigator, der den Kurs festlegt, oder ein geschickter Schütze im Kampf, war daher lebenswichtig. In den meisten Fällen verfügte man nicht über eine adäquate Ersatzmannschaft, wie sie die Flotten hatten. Wenn der Beitrag eines jeden entscheidend ist, führt dies zu einem Respekt, der über die typischen sozialen Hierarchien hinausgeht.

Im Gegensatz zu den starren Klassensystemen an Land wurden auf den Piratenschiffen die einzelnen Personen häufig auf der Grundlage ihrer Fähigkeiten und Leistungen befördert. Ein geschickter Seemann konnte aufgrund seiner Verdienste zum Offizier oder sogar zum Kapitän aufsteigen, eine Praxis, die in anderen Bereichen der Gesellschaft zu dieser Zeit absolut selten war.

Die Notwendigkeit des gegenseitigen Respekts und der Zusammenarbeit an Bord der Piratenschiffe war also ein grundlegender Aspekt ihrer sozialen Organisation. Dieses Umfeld, das von den praktischen Erfordernissen des Überlebens und des Erfolgs in der Piraterie bestimmt wurde, führte zu einer einzigartigen Form von Egalitarismus und Leistungsgesellschaft.

Das Verständnis dieser Dynamik ermöglicht uns einen differenzierteren Blick auf die Gesellschaft der Piraten und hebt Aspekte ihrer Kultur hervor, die für ihre Zeit fortschrittlich waren. Und einige, die man heute als fortschrittlich ansehen würde.

Matelotage: Ein Beispiel für gleichgeschlechtliche Akzeptanz

Matelotage (französisch für "Seemannschaft") war **eine Vereinbarung zwischen Paaren europäischer Seeleute, insbesondere Seeräubern, im 17. und frühen 18. Im Rahmen dieser wirtschaftlichen Partnerschaft vereinbarten die Matrosen, ihre Einkünfte zu teilen und im Falle des Todes des Partners dessen Besitz zu erben. (Quelle: Wikipedia)

Ja, das stimmt. Das sagt mir nicht viel. Der Titel eines Artikels, über den ich gestolpert bin, hat mir sehr gut gefallen:

"Matelotage: Homo-Ehe unter Piraten oder nur eine Geschäftspartnerschaft?

Während sie darauf verzichten, sich am Ende zu entscheiden, fand ich "Sodomie und die Piratentradition: English Sea Rovers in the Seventeenth-Century Caribbean" von B. R. Burg interessant, ein Buch, das die soziale und sexuelle Welt dieser Seeräuber untersucht und "eine Gesellschaft vorfindet, in der eine weit verbreitete Duldung der Homosexualität die Norm war und die Bedingungen ihre Ausübung förderten".

Matelotage als soziale Einrichtung

Um die Definition zu erweitern, war die Matelotage mehr als nur eine Partnerschaft; es handelte sich um eine vielschichtige Beziehung, die Elemente der Freundschaft, der Kameradschaft und des praktischen Bündnisses und in den meisten Fällen auch der Sexualität miteinander verband. In der rauen Welt der Piraterie, in der Vertrauen ein knappes Gut war, waren diese Bindungen sowohl ein Überlebensmechanismus als auch eine Form der Verwandtschaft.

Um die Matelotage zu verstehen, muss man sich mit der allgemeinen maritimen Kultur dieser Zeit befassen. Das Leben als Seefahrer war durch lange Reisen, die Isolation von der traditionellen Gesellschaft und eine Reihe von besonderen Herausforderungen gekennzeichnet. In diesem Kontext boten Matelotage einen Anschein von Stabilität und Kameradschaft.

Der wirtschaftliche Aspekt der Matelotage ist zwar bedeutend, aber die emotionale Dimension ist ebenso wichtig. Diese Beziehungen vermittelten ein Gefühl der Zugehörigkeit und emotionalen Unterstützung in einem Umfeld, in dem solche Annehmlichkeiten selten waren. Das Band zwischen den Matelots glich einer familiären Bindung und bot ein Gefühl der Sicherheit in einer ansonsten unsicheren Welt.

Bemerkenswert sind auch die positiven Auswirkungen solcher Partnerschaften auf die psychische Gesundheit. Das Leben eines Piraten war voller Gefahren und Unsicherheiten. Ein vertrauenswürdiger Partner konnte einige der mit diesem Lebensstil verbundenen psychischen Belastungen lindern.

Akzeptanz von gleichgeschlechtlichen Beziehungen

Die Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Beziehungen innerhalb der Piratengesellschaft, insbesondere durch die Linse der Matelotage, bietet daher einen interessanten Kontrast zu den vorherrschenden Einstellungen der damaligen Zeit und unterstreicht den progressiven Charakter der Piratengemeinschaften.

Während des Goldenen Zeitalters der Piraterie war Homosexualität in den meisten europäischen Gesellschaften kriminalisiert und wurde streng verfolgt. Die Kirche und die staatlichen Gesetze verurteilten oft gleichgeschlechtliche Beziehungen, und die Strafen konnten bis zum Tod reichen. In diesem gesellschaftlichen Kontext stellt die Akzeptanz der Matelotage durch die Piraten eine erhebliche Abweichung von der Norm dar.

Die Piraten, die bereits außerhalb der Grenzen der konventionellen Gesellschaft lebten, dehnten ihre Rebellion auf soziale Normen und Gesetze aus. Dieser Status als Geächtete mag zu einer liberaleren Haltung in persönlichen Angelegenheiten wie der sexuellen Orientierung beigetragen haben, da sie nicht an dieselben moralischen und rechtlichen Regeln gebunden waren, die für die normale Gesellschaft galten.

Die Duldung der Matelotage unter den Piraten ist möglicherweise nicht auf ein modernes Verständnis von sexueller Orientierung zurückzuführen, sondern eher auf einen pragmatischeren Ansatz für persönliche Beziehungen.

In dem geschlossenen Ökosystem eines Piratenschiffs, in dem der Beitrag eines jeden Mitglieds von entscheidender Bedeutung war, wäre eine Diskriminierung aufgrund persönlicher Merkmale wie der sexuellen Orientierung kontraproduktiv gewesen. Dieser Zwang zur Inklusivität hat möglicherweise ein eher akzeptierendes Umfeld gefördert.

Historiker wie B.R. Burg weisen darauf hin, dass die Existenz und Akzeptanz von Matelotage unter Piraten unser Verständnis der historischen Einstellung zu gleichgeschlechtlichen Beziehungen in Frage stellt. Er bietet eine nuancierte Perspektive darauf, wie solche Beziehungen in bestimmten Randgesellschaften wie der der Piraten wahrgenommen und akzeptiert wurden.

Die Akzeptanz von Matelotage bei den Piraten steht nicht nur in krassem Gegensatz zu den Mainstream-Einstellungen der damaligen Zeit, sondern dient auch als Indikator für die fortschrittlicheren, wenn auch pragmatischen Einstellungen innerhalb dieser gesetzlosen Gemeinschaften.

Diese Toleranz und Inklusivität in Bezug auf gleichgeschlechtliche Beziehungen bieten einen einzigartigen Einblick in die soziale Dynamik der Piratengesellschaft und spiegeln ein breiteres Ethos der Gleichheit und des gegenseitigen Respekts wider, das diese Gemeinschaften kennzeichnete.

Rituale und Anerkennung der Matelotage

Die Forschung zu den Ritualen und der Anerkennung von Matelotage zeigt, wie diese Beziehungen - ähnlich wie eine reguläre Ehe - formalisiert und in das Gefüge des Piratenlebens integriert wurden. Und wie sie dabei sowohl soziale als auch rechtliche Dimensionen widerspiegeln.

Obwohl die historischen Aufzeichnungen leider etwas spärlich sind, gibt es Hinweise darauf, dass Matelotage-Beziehungen (wenn auch bei weitem nicht immer) durch Zeremonien oder Vereinbarungen formalisiert wurden. Dass sich hier (manchmal) eine Art Lebenspartnerschaft, inklusive eigener Rituale, analog zur Eheschließung, entwickelt hat.

Diese Zeremonien konnten in ihrer Formalität variieren, beinhalteten jedoch häufig den Austausch von Gelübden oder Zeichen - eben sehr ähnlich wie bei Heiratszeremonien in der Mehrheitsgesellschaft. Die ritualisierte Anerkennung dieser Bündnisse unterstreicht ihre Bedeutung innerhalb der Piratengemeinschaften.

Die zeremoniellen Aspekte der Matelotage hatten, so die Forschung, wahrscheinlich einen bedeutenden symbolischen Wert, da sie die formelle Verpflichtung zwischen den Partnern markierten. Dazu konnte der Austausch von persönlichen Gegenständen wie Tüchern oder Schmuckstücken gehören, die als greifbare Symbole ihrer Verbindung dienten.

Matelotage-Vereinbarungen enthielten häufig Klauseln, in denen die wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der einzelnen Partner festgelegt waren. Diese Vereinbarungen dienten einem doppelten Zweck: Sie waren sowohl eine Anerkennung der emotionalen Bindung als auch eine praktische Regelung, um das Wohlergehen beider Parteien zu gewährleisten.

In vielen Fällen sahen diese Verträge vor, dass im Falle des Todes eines Partners der überlebende Partner einen Teil des Vermögens erben würde. Dies konnte einen Teil der während der gemeinsamen Zeit erworbenen Beute sowie alle persönlichen Besitztümer umfassen. Dieser Aspekt der Matelotage unterstreicht die Ernsthaftigkeit und Tiefe dieser Beziehungen.

In einem Umfeld, in dem Verletzungen und Tod an der Tagesordnung waren, boten Matelotage-Vereinbarungen neben der emotionalen Bindung auch eine Form der sozialen Sicherheit. Diese Vereinbarung sorgte dafür, dass der überlebende Partner nicht mittellos zurückblieb und über eine Möglichkeit verfügte, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten - ein Anliegen, das in der prekären Welt der Piraterie besonders wichtig war.

Diese Rituale und die Anerkennung der Matelotage in der Piratengesellschaft gaben diesen Beziehungen also nicht nur eine formale Struktur, sondern hatten auch erhebliche rechtliche und wirtschaftliche Auswirkungen.

Die Formalisierung der Matelotage durch Zeremonien und Vereinbarungen unterstreicht auch die Tiefe und Ernsthaftigkeit dieser Partnerschaften. Darin spiegeln sich auf wunderbare Weise sowohl die emotionale Bindung als auch die praktischen Notwendigkeiten des Lebens auf See wider.

Wirtschaftlicher und sozialer Nutzen

Im Rahmen der Matelotage legten die Partner häufig ihre Ressourcen zusammen und schufen so einen gemeinsamen Wohlstandspool. Dieser kollektive Umgang mit Ressourcen war in der unberechenbaren Welt der Piraterie, in der der Erwerb von Reichtum ungewiss und sporadisch war, praktisch.

Aber - das möchte ich hier klarstellen - diese gegenseitige Unterstützung ging definitiv über rein finanzielle Aspekte hinaus. Sie umfasste alle Facetten ihres Lebens.

Die Partner in der Matelotage teilten sich alles, von den täglichen Pflichten auf dem Schiff bis hin zur Beute ihrer Raubzüge, wodurch sichergestellt wurde, dass beide gleichermaßen am Wohlergehen des anderen beteiligt waren.

Angesichts der gefährlichen Natur des Piratenlebens, in dem Verletzungen und Tod an der Tagesordnung waren, bot die Partnerschaft in der Matelotage ein Gefühl der Sicherheit und Stabilität. Diese Beziehungen boten ein Sicherheitsnetz in einem Beruf, in dem es keine formellen Strukturen für Betreuung und Unterstützung gab.

Die Partner waren für das Wohlergehen des anderen verantwortlich und kümmerten sich umeinander, wenn sie krank oder verletzt waren. Diese Fürsorge war nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern eine praktische Notwendigkeit in einer Welt, in der die medizinische Hilfe begrenzt war.

Der Überlebende einer Matelotage-Beziehung hatte häufig Anspruch auf einen beträchtlichen Teil des Besitzes des verstorbenen Partners, was die rechtliche und wirtschaftliche Anerkennung ihrer Bindung widerspiegelte. Diese Regelung bot dem überlebenden Partner eine Form der Sicherheit, die ihn vor dem Verlust seines Vermögens bewahrte.

Während detaillierte persönliche Berichte über Matelotage aufgrund des geheimnisvollen Charakters dieser Beziehungen und des Stigmas, das Homosexualität umgibt, rar sind, ist die allgemeine Praxis in historischen Texten gut dokumentiert. Trotz des Fehlens spezifischer Namen oder Geschichten wird die Existenz von Matelotage als ein einzigartiger und prägender Aspekt der Piratenkultur anerkannt. Sie ist ein Beweis für die komplexe soziale Dynamik, die in den Piratengesellschaften herrschte und die sie von den Mainstream-Kulturen ihrer Zeit unterschied.

Die wirtschaftlichen und sozialen Vorteile der Matelotage sowie ihre historische Dokumentation heben einen wichtigen Aspekt der Piratengesellschaft hervor, der für seine Zeit bemerkenswert fortschrittlich war. Diese Beziehungen boten sowohl praktische als auch emotionale Unterstützung, stellten zeitgenössische gesellschaftliche Normen in Frage und boten eine einzigartige Perspektive auf die sozialen Strukturen innerhalb der Piratengemeinschaften.

Die Matelotage sind für mich ein interessantes Beispiel für die integrativen und fortschrittlichen Aspekte der Piratengesellschaft. Sie zeigen die Akzeptanz und Normalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen in einer Zeit, in der solche Einstellungen in der Mehrheitsgesellschaft selten waren.

Beschränkungen und Widersprüche in der Piratengesellschaft

Und nein - ich will in keinster Weise übersehen (oder unter den sprichwörtlichen Teppich kehren), dass die Gesellschaft der Piraten voll von Widersprüchen war. Voll von gleichzeitiger Ungleichzeitigkeit.

Oder eben, wie William Gibson sagte:

Die Zukunft ist hier, sie ist nur noch nicht gleichmäßig verteilt. (Quelle)

Die Erforschung der Grenzen und Widersprüche in der Piratengesellschaft ist für das Verständnis des komplexen Charakters dieser Gemeinschaften daher absolut unerlässlich.

Auch wenn bestimmte Aspekte ihrer sozialen Organisation fortschrittlich waren, muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Piraten keine Vorbilder an reinster Tugend waren. Sie waren Verbrecher (im Sinne der Regeln der Mehrheitsgesellschaft). Und auch wenn man sie im Rahmen und Kontext ihrer Zeit betrachtet viele dunkle Flecken.

Illegale Aktivitäten und moralische Widersprüche

Ich kann es daher natürlich nicht guten Gewissens unterlassen, auf die dunkleren Aspekte des Piratenlebens zumindest noch ein bisschen einzugehen. Denn natürlich möchte ich ein komplexes Bild zeichnen. Ein Bild, das ein Gleichgewicht zwischen ihren fortschrittlichen sozialen Praktiken und ihren ruchlosen Aktivitäten versucht herzustellen. Denn kein Bild wäre meiner Meinung nach sonst auch nur annähernd vollständig.

Im Kern war (und ist bis heute) die Piraterie ein Raubüberfall. Ein Überfall, bei dem es oft zu gewalttätigen Auseinandersetzungen auf See kam. Piratencrews überfielen Handels- und Marineschiffe, beschlagnahmten die Ladung und kapern manchmal auch die Schiffe selbst.

Diese Praxis beschränkte sich nicht nur auf die hohe See. Nein, Piraten griffen auch ganze Küstenstädte und -siedlungen an, plünderten diese und zerstörten sie. Mit all dem Leid, der Not und dem Tod, die damit Verbunden waren.

Das Goldene Zeitalter der Piraterie war durch einen regen Seehandel gekennzeichnet. Die Kaufleute transportierten wertvolle Waren über die Ozeane und waren damit natürlich ein lukratives Ziel für Piraten. Der durch diese Raubzüge angehäufte Reichtum war für viele Piraten nachweislich die Hauptmotivation, die jegliche Vorstellungen von moralischem Verhalten in den Schatten stellte.

Piratenüberfälle waren, wie gesagt, sehr oft sehr gewalttätige Angelegenheiten. Während einige Piratenkapitäne für ihre relativ humane Behandlung von Gefangenen bekannt waren, waren andere notorisch brutal.

Mindestens die Androhung von Gewalt war ein Mittel, mit dem die Piraten ihren Opfern und auch sich selbst Angst einflößten und für Gehorsam sorgten. Als Pirat brauchte man daher zumindest ein "gesundes" Maß an Gewalt. Nur so konnte der entsprechende Ruf hergestellt und aufrecht erhalten werden. Nur so gelang es anderen Seeleuten die nötige Angst einzuflößen, so dass es der eigene Ruf dann, auf lange Sicht, überflüssig machte, ständig Gewalt anzuwenden. Einige Historiker gehen daher tatsächlich sogar so weit zu sagen, dass diese "strategische" Gewalt in der Summe das Ausmaß der Gewalt reduzierte.

Die Beteiligung einiger Piraten am Sklavenhandel ist dann auch ein eklatanter Widerspruch in der piratischen Gesellschaft an sich, insbesondere wenn man die integrativen und egalitären Aspekte der Piratengemeinschaften bedenkt, die wir ausführlich betrachtet haben.

Piraten, die sich an der Erbeutung und dem Verkauf von Sklaven beteiligten, trugen so direkt zu einem System bei, das im Gegensatz zu eben jenen Freiheiten stand, für die sie sonst zu kämpfen schienen.

Namhafte Piraten wie Edward Lowe und Charles Vane waren tief in den Sklavenhandel verwickelt, indem sie Sklavenschiffe kaperten und die Gefangenen dann auf eigene Rechnung verkauften.

Diese Beteiligung verdeutlicht die komplexe und oft eben auch heuchlerische Natur der Piratenethik.

Und es zeigt, dass das, was für einen Kapitän oder eine Crew wichtig war, nicht unbedingt auch für alle anderen Crews galt. Die Piraten waren halt doch auch ein recht heterogener Haufen.

Die Beteiligung am Sklavenhandel war in erster Linie auf wirtschaftlichen Gewinn ausgerichtet. Sklavenschiffe transportierten nicht nur wertvolle menschliche Fracht, sondern waren oft auch mit anderen Gütern beladen. Das Gewinnmotiv bei solchen Raubzügen war ein wichtiger Faktor, selbst wenn es bedeutete, sich an einem moralisch verwerflichen Handel zu beteiligen.

Die Gesellschaft der Piraten wies - das haben wir gezeigt - zwar gewisse fortschrittliche Elemente auf, war aber eben auch tief in illegalen und moralisch fragwürdigen Aktivitäten verwurzelt, darunter eben die Überfälle und die Beteiligung am Sklavenhandel. Diese Dichotomie stellt jede vereinfachende Verherrlichung des Piratenlebens außer Frage und unterstreicht die komplexe Natur ihrer gesellschaftlichen Ethik.

Andererseits sind wir als Gesellschaft heute doch nicht weniger komplex. Während wir auf der einen Seite über Tierethik diskutieren und ein signifikanter Teil unserer Mitmenschen auf tierische Produkte verzichtet, dulden wir es als Gesellschaft, dass unsere Außengrenzen zum tagtäglichen Massengrab für verzweifelte Menschen werden. Dulden es nicht nur, sondern wählen genau die Politiker, die dies noch forcieren.

Heterogenität und Komplexität in Gesellschaften darf uns nicht fremd sein.

Komplexe Natur der Piratengesellschaft

Betrachten wir also noch ein bisschen die komplexen und oft widersprüchlichen Aspekte der Ethik und des Verhaltens der Piraten. Vielleicht gewinnen wir so ein zumindest etwas differenzierteres Verständnis ihrer Rolle im historischen Kontext.

Spiegelung gesellschaftlicher Widersprüche

Die Piratengesellschaft war kein isoliertes Phänomen, sondern spiegelt vielmehr die allgemeinen Widersprüche im menschlichen Verhalten und in den gesellschaftlichen Normen der damaligen Zeit wider. Während die Piraten bestimmte Normen wie Klassenhierarchien und starre nationale Loyalitäten ablehnten, machten sie sich oft andere negative Aspekte wie Habgier und Brutalität zu eigen.

Das Streben nach Reichtum, oft mit rücksichtslosen Mitteln, war eine treibende Kraft für viele Piraten. Und ebenso für die wirtschaftliche Elite der damaligen Mehrheitsgesellschaft. Egal ob sie als Händler die Seeleute auf ihren Schiffen, oder die ursprünglichen Einwohner der Kolonien ausbeuteten. ODer als Sklavenhalter die verschlepten Sklaven missbrauchten.

Diese Gier spiegelte die breitere gesellschaftliche Besessenheit von der Anhäufung von Reichtum wider, die während der Kolonialzeit vorherrschend war.

Piraten waren für ihre gewalttätigen Methoden bekannt, die zum Teil auch wenig mehr als ein natürliches Endprodukt der brutalen Bedingungen der maritimen Welt waren. Diese Brutalität (also der brutale und gnadenlose Umgang mit Seeleuten auf Marine- und Handelsschiffen) war zwar schockierend, aber eben gerade nicht nur bei den Piraten anzutreffen, sondern war ein essentielles Merkmal vieler Marine- und Militäroperationen dieser Zeit.

Die Piraten - fast alles erfahrene Seefahrer aus den Flotten der Mehrheitsgesellschaft - kannte genau diese Brutalität als Normalität auf See.

Dichotomie in der Piratenethik

Auf ihren Schiffen praktizierten die Piraten daher oft Formen der Demokratie und des Egalitarismus, die für die damalige Zeit selten waren. Die Besatzungsmitglieder hatten ein Mitspracherecht bei Entscheidungen, und die Beute wurde relativ gleichmäßig verteilt. Diese Praktiken standen - ganz bewusst - im krassen Gegensatz zu den strengen Hierarchien und Ungleichheiten der normalen Gesellschaft.

Trotz dieser fortschrittlichen Praktiken handelten die Piraten bei ihren Beutezügen häufig ohne moralische Zwänge.

Um den ethischen Rahmen der Piratengesellschaft zu verstehen, ist zwangsläufig die historische Perspektive erforderlich, die den Kontext ihrer Zeit berücksichtigt. Piraten agierten in einer Welt, in der Gesetze und Moral oft dem Willen der Mächtigen unterworfen waren, und sie spiegelten diese Normen wider oder rebellierten dagegen. Sie waren das Produkt einer Gesellschaft die Gesetze oft dazu nutze um den Status quo einer absoluten Hierarchie zu erhalten und mit Zwang gnadenlos durchzusetzen.

Die komplexe Natur der Piratengesellschaft spiegelt so die Dichotomie in ihrem ethischen Rahmen wider. Während sie an Bord ihrer Schiffe fortschrittliche Praktiken an den Tag legten, verübten die Piraten auch moralisch verwerfliche Handlungen. Diese Widersprüchlichkeit stellt jede vereinfachte Sichtweise von Piraten als entweder rein fortschrittlich oder gänzlich schurkisch notwendigerweise in Frage und unterstreicht stattdessen die facettenreiche und oft paradoxe Natur ihrer Gemeinschaft.

Auch hier kann man eben nur mit dem gleichen Blick auf unsere heutigen, modernen Gesellschaften blicken und bei genauerer Betrachtung feststellen, dass wir nicht weniger widersprüchlich, nicht weniger komplex sind. Anders, aber nicht weniger.

Schlussfolgerungen

Die Erforschung der Piratengesellschaft während des Goldenen Zeitalters der Piraterie offenbart eine komplexe und vielschichtige Welt, die die bisher oft gezeigte, vereinfachte Charakterisierungen in Frage stellt und wertvolle Einblicke in die Natur der sozialen Organisation und der Ethik bietet.

Die Untersuchung der Piratengesellschaft geht über das romantisierte Bild der freiheitsliebenden Rebellen hinaus und enthüllt ein nuanciertes Bild. Piraten waren nicht nur Geächtete, die außerhalb der gesellschaftlichen Normen lebten; sie waren auch Architekten ihrer eigenen, einzigartigen Gesellschaftsordnung.

Das Paradoxe liegt darin, dass ihre fortschrittlichen Praktiken wie Matelotage und demokratische Entscheidungsfindung mit Gewalttaten, Diebstahl und der Beteiligung am Sklavenhandel koexistieren. Diese Dualität spiegelt die Komplexität des menschlichen Verhaltens und die Fähigkeit zu fortschrittlichen und regressiven Handlungen innerhalb ein und derselben Gesellschaft wider.

Lektionen für moderne DEI-Bemühungen

Das Studium der Piratengesellschaft liefert sowohl positive als auch negative Lehren für moderne Bemühungen um Vielfalt, Gleichberechtigung und Einbeziehung (DEI), die die duale Natur ihrer Praktiken und Ethik widerspiegeln.

Die Piratencrews waren für ihre Zeit bemerkenswert vielfältig und umfassten Mitglieder verschiedener Nationalitäten, Ethnien und sozialer Hintergründe. Diese Vielfalt war eine Stärke, denn sie brachte ein breites Spektrum an Fähigkeiten, Erfahrungen und Perspektiven zusammen. Moderne DEI-Bemühungen können davon lernen, indem sie den Wert einer vielfältigen Gesellschaft/Belegschaft anerkennen, die unterschiedliche Einsichten und Ansätze zur Problemlösung beitragen kann.

Technologieunternehmen wie Google und Microsoft oder Agenturen/Netzwerke wie WPP haben große Fortschritte bei der Förderung der Vielfalt in ihrer Belegschaft gemacht und erkannt, dass vielfältige Teams Innovation und Kreativität fördern.

Die Piraten praktizierten eine Form des Egalitarismus bei der Verteilung des Reichtums, die im Gegensatz zu der hierarchischen und oft ungerechten Verteilung des Reichtums in der Mainstream-Gesellschaft steht. Diese Praxis kann als Vorbild für moderne DEI-Bemühungen dienen, denn sie unterstreicht die Bedeutung einer fairen Entlohnung und von Chancen für alle Mitarbeiter, unabhängig von ihrer Herkunft, ihren Privilegien oder ihrer gesellschaftlichen Stellung.

Moderne genossenschaftliche Unternehmen mit Gewinnbeteiligungsmodellen oder gerechten Vergütungsstrukturen veranschaulichen dieses Prinzip und stellen sicher, dass alle Mitarbeiter vom Erfolg des Unternehmens profitieren.

Trotz ihrer fortschrittlichen Aspekte verübten die Piraten oft moralisch fragwürdige Aktivitäten, einschließlich Gewalt und Beteiligung am Sklavenhandel. Diese moralische Flexibilität dient als warnendes Beispiel für die Gefahren, die mit der Verfolgung von Zielen (wie Reichtum und Macht) auf Kosten von ethischem Verhalten verbunden sind.

Auch im Finanzsektor gab es Beispiele für moralische Flexibilität, wie etwa die Finanzkrise 2008, bei der das Streben nach Profit zu unethischen Praktiken und erheblichen wirtschaftlichen Folgen führte.

Moderne DEI-Bemühungen müssen das Streben nach Inklusion und Vielfalt mit einem starken ethischen Rahmen in Einklang bringen. Dazu gehört nicht nur die Akzeptanz von Vielfalt, sondern auch die Wahrung von Verantwortlichkeit und ethischen Standards in den Geschäftspraktiken.

Der Aufstieg der sozialen Verantwortung von Unternehmen (CSR) in Unternehmen wie Patagonia und Ben & Jerry's zeigt ein Engagement für ethische Praktiken neben Inklusivität und Vielfalt.

Die Lehren aus der Piratengesellschaft für moderne DEI-Bemühungen sind in meinen Augen daher zweifach.

Einerseits bietet der Ansatz der Piraten in Bezug auf Vielfalt und Gleichberechtigung wertvolle Einblicke in die Vorteile der Inklusivität. Andererseits erinnern ihre moralischen Widersprüche an die Notwendigkeit ethischer Integrität bei der Verfolgung jeglicher Ziele, einschließlich DEI-Zielen. Das Verständnis und die Integration dieser Lehren können modernen Organisationen helfen, ein integrativeres, gerechteres und ethisch einwandfreies Umfeld zu schaffen.

Abschließend bietet die Untersuchung der Piratengesellschaft während des Goldenen Zeitalters der Piraterie einen Einblick in eine Welt, in der soziale Normen sowohl in Frage gestellt als auch reflektiert wurden.

Sie unterstreicht das Potenzial für fortschrittliche Praktiken in ungewöhnlichen Umgebungen und verdeutlicht gleichzeitig die inhärenten Widersprüche in menschlichen Gesellschaften. Das Vermächtnis der Piratengesellschaft ist ein Geflecht aus Egalitarismus, Brutalität, Inklusivität und Habgier und bietet eine komplexe Erzählung, die unser Verständnis von Geschichte und menschlichem Verhalten bereichert.

Mit diesem Essay über die Piratengesellschaft wollte ich nicht nur meine neu gewonnenen historischen Erkenntnisse zu verstehen, zu ordnen und zusammenzufassen, sondern auch versuchen, sie in die heutige Welt zu übertragen und zu zeigen, dass die Piratengesellschaft für zeitgenössische Diskussionen über soziale Organisation, Ethik und Vielfalt durchaus relevant sein und spannende Inspiration bieten kann.

Ich wollte uns alle daran erinnern, dass es gerade in den unkonventionellsten Gemeinschaften und an unerwarteten Orten spannende Lektionen warten. Wir müssen nur genau hinsehen und uns nicht von der Oberflächlichkeit unserer Zeit (oder der Oberflächlichkeit historischer Darstellungen) blenden lassen, um das Gold zu erkennen, das in der Tiefe verborgen ist.

Quellen

Abschließend möchte ich für Euch ein paar interessante Quellen hinterlassen, die sich auf die Themen beziehen, die in meinem Text über die Inklusion und die Akzeptanz von Vielfalt in piratischen Gesellschaften als Quelle und Grundlage gedient haben. Alle Fehler und fehlerhaften Wiedergaben der Inhalte sind rein mein "Verdienst". Alles, was ich richtig wiedergegeben habe ist der Verdienst der ursprünglichen Autoren. Und nebenbei: Keiner dieser Links ist ein so genannter Affiliate Link. Ich verdiene also keine Provision, wenn du klickst.