Ein kurzer Rückblick



Mit dem ersten Jahrzehnt des zweiten Jahrtausends geht es zu Ende. So auch weltweit mit den Bürgerrechten.

Es waren die Jahre nach dem "Schock" von 911. Die Bilateralen Blöcke sind (bislang) verschwunden, die Bedrohung der westlichen Welt durch den Kommunismus dahin. Und doch scheint die Sicherheit der fragilen Demokratie gefährdet. Die Politik versucht den Menschen nicht erst seit jenem Tag im September 2001 einzureden, dass der Staat mehr Wissen, mehr Macht und mehr Kontrolle benötigt, um die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten.

Doch spätestens in Folge der Ereignisse im September 2001 wurden diese Forderungen verstärkt durchgesetzt. Der Sicherheitsrelevante Gewinn erscheint hierbei jedoch fraglich. Das Problem in meinen Augen ist jedoch nicht das eigentliche Einschränken der Bürgerrechte, das Aushöhlen des Datenschutzes und die Suspendierung der Unschuldsvermutung unter dem Deckmäntelchen des Schutzes von Bürger und Demokratie.

Das eigentliche Problem sind vielmehr zwei Probleme:

Zum einen das nahezu stillschweigende Erdulden jeglicher Maßnahmen durch die Bürger - vermutlich und vor allem auch deshalb, weil der durchschnittliche Bürger ebenso wenig Ahnung von den digitalen Medien hat, wie diejenigen Politiker, die derartige Gesetze verabschieden.

Zum anderen jedoch auch die fälschliche Einstellung der Medien, der Bürger und auch der Politiker die Welt immer rückwärts zu erklären. Zufällige, unberechenbare, schwerwiegende Ereignisse, die nicht kalkulierbar sind (und vor denen sich die Welt auch nicht wirklich zu schützen vermag) werden rückwirkend rationalisiert und dazu genutzt, um "Schutzmaßnahmen" zu rechtfertigen, mit denen ein derartiges Ereignis hätte verhindert werden können.

Menschen tun sich im Allgemeinen schwer mit Wahrscheinlichkeiten und der "Berechnung" der Chance, dass derartige Ereignisse eintreten. Die mediale Dominanz derartiger Großereignisse lässt sie übermenschlich erscheinen - zum Nutzen derjenigen Politiker, die der Wählerschaft nicht vertrauen.

Ein so genannter "Black Swan lässt sich nicht verhindern. Vielmehr sollten die Menschen lernen eine Welt zu erschaffen, in der derartige Ereignisse nicht die Empfindung der Bürger aus den Angeln heben.

Zusammengefasst:

Das zweite Problem der Menschen ist ihre Art Geschichte als kausale Folge zu missinterpretieren. Hätte ich Ereignis "A" verhindert, wäre Ereignis "B" nicht eingetreten. Die Welt wird als zwangsläufige Folge von Ereignissen wahrgenommen. Eine derartige Kausalität von Ereignissen gibt es jedoch nur in der Literatur.

„[Es] weist [alles] darauf hin, dass die treibende Kraft der narrativen Aktivität die Verwechslung von zeitlicher Folge und logischer Folgerung ist, das Nachfolgende in der Erzählung als verursacht von gelesen wird; die Erzählung wäre in diesem Fall die systematische Anwendung des in der Scholastik unter der Formel post hoc, ergo propter hoc angeprangerten logischen Irrtums[...].“ Roland Barthes, "Das semiologische Abenteuer"

Funktioniert auch die Wahrnehmung der Welt in den meisten Fällen nach dieser fälschlich angewandten Formel, so läuft die Welt jedoch an unserer Wahrnehmung vorbei viel chaotischer, ungeordnet und zufällig ab.

In diesem Sinne bleibt die Hoffnung, dass im kommenden Jahrzehnt ein anderer Wind herrscht und der Bürger wieder zum mündigen Subjekt einer Staatsform wird, die ihren Souverän zu lange entmündigt hat. Die Forderung geht hierbei an die Menschen, die sich informieren sollten. Und sie geht an Medien, die ihren Auftrag als Anwalt der Bürger vernachlässigt haben.