Freiheit: Versuch einer Begriffsklärung



Freiheit ist ein Begriff, der in der Philosophie ebenso wie im Recht genutzt wird. Aktuell ist er in vieler Munde und wird gern genutzt um die eigene Position gegenüber anderen zu behaupten.

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Vorwort

Oh shit. Der Text wurde länger als gedacht. Hier also eine kleine Warnung. Du bist im Begriff fast 2.800 Worte zu lesen.

Daher hier das Fazit für die Eiligen:
Freiheit kann nicht ohne individuelle Verantwortung und ohne Einschränkung existieren.

Einleitung

Heutzutage wird viel davon gesprochen, dass der Staat, oder Teile der Gesellschaft, die Freiheit der Andersdenkenden einschränken würden.

Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. (Rosa Luxemburg)

Rosa Luxemburg erscheint hier als lupenreine Demokratin. Voller Toleranz für den politischen Diskurs der Meinungsvielfalt. Es gibt wahrscheinlich kaum ein Zitat näheren Zeitgeschichte, der radikaler fehlgedeutet worden ist.

Rosa Luxemburg kämpfte vehement gegen die freie und geheime Wahl 1918/19. Nicht mit Waffen, sondern mit ihren Mitteln - vor allem dem Wort. Die zu wählende Nationalversammlung bezeichnete sie als:

ein überlebtes Erbstück bürgerlicher Revolutionen, eine Hülse ohne Inhalt, ein Requisit aus den Zeiten kleinbürgerlicher Illusionen vom ,einigen Volk‘, von der ,Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit‘ des bürgerlichen Staates.

Der Satz, für den sie als Demokratin und Verfechterin der Meinungsfreiheit berühmt geworden ist wurde erst nach ihrem Tod veröffentlicht. Sie schrieb ihn als kleine Randbemerkung in einem ihrer Manuskripte nieder. Neben Sätzen wie:

Anarchie wird auch bei uns und überall unvermeidlich sein.

Auf der gleichen Seite forderte sie in ihrem Manuskript die "intensivste politische Schulung der Massen". In ihren Worten die politische Indoktrination der Bevölkerung.

Warum die Geschichtsstunde?

Nun - wir sehen hier mich bei der Deutung und Interpretation eines der berühmtesten Zitate zur Freiheit. Ob Luxemburg dies so wie von mir und einigen Historikern interpretiert so meinte - als Kritik an der Freiheit der Andersdenkenden und einer Idee dessen, dass dies (zwangsläufig) in die Anarchie führen müsste. Also etwas, dem man die "intensivste politische Schulung" entgegensetzen müsse - dies lässt sich nicht final belegen.

Ich äußere hier (m)eine Meinung, die man mit entsprechenden Gegenbeweisen gern in Zweifel ziehen darf.

Was ich hier mache ist die Nutzung meiner "Redefreiheit". Was ich aber auch tue ist, diese auf (zumindest aus meiner Sicht) möglichst belastbare Belege zu stützen. Da ich mich selbst als wissenschaftlich denkenden Menschen bezeichnen würde habe ich meine oben dargelegte Theorie der Überprüfung, der Falsifikation unterworfen. Erhalte ich neue Belege muss ich meine Theorie im Licht dieser Belege prüfen und möglicherweise anpassen. Vielleicht muss ich sie sogar über den Haufen werfen.

Nur eine Möglichkeit Freiheit zu definieren

Woher kommt der Begriff Freiheit?

Woher kommt unser Wort"Freiheit"? Es lässt sich historisch ins Altgermanische zurückverfolgen. Dort war es Teil des Begriffs für einen (männlichen) Menschen, der nicht als Sklave einem anderen gehörte.

Daraus ergibt sich auch, dass diese Freiheit in einer Gemeinschaft von Gleichen und Ungleichen stattfindet. In einer Gemeinschaft, in der man untereinander miteinander umgehen muss.

Die persönliche Freiheit war also schon damals etwas, dass relativ zur Gruppe/Gemeinschaft existierte, nicht im luftleeren Raum einer Individualität. Und Freiheit war immer mit einer zugrundeliegenden Hierarchie verbunden.

Probleme mit dem Begriff

Im Begriff der Freiheit vereinen sich zahlreiche, auch kulturspezifische Aspekte. Diese müssten in Diskussionen unterschieden und klar herausgestellt werden.

In Debatten stellt die mangelnde Begriffsklärung oft ein Problem dar. Oder es handelt sich um eine bewusst eingesetzte Strategie. Die Freiheit, sich für oder gegen eine Handlung entscheiden zu können, und ihre Beschränkung durch Regeln sowie durch Entscheidungen, Ansprüche, Interessen oder Handlungen anderer sind eng mit der Frage der Legitimität des eigenen Handelns und des Beschränkens fremden Handelns verbunden.

Wo beginnt meine Freiheit? Was umfasst sie? Und gibt es Grenzen? Und falls ja, wo liegen diese? Was ist gemeint, wenn ich von Freiheit spreche? Meine ich dann, dass ich nicht eingesperrt bin? Meine ich zu jeder Zeit, an jedem Ort meine Meinung verbreiten zu dürfen? Ist es meine Freiheit alles zu behaupten, wenn ich als Geschäftsmann meine Waren bewerbe? Muss ich Handelseinschränkungen hinnehmen, oder kann ich mit jedem Land/jeder Person alles handeln. Habe ich die Freiheit mich zu bewaffnen? Oder habe ich die Freiheit in einer Gesellschaft zu leben, in der ich nicht fürchten muss jemandem mit einem Sturmgewehr zu begegnen?

Freiheit des Handelns

In unserem Kulturkreis gilt die Handlungsfreiheit als vergleichsweise hohes Gut. Dies ist oft gemeint, wenn Menschen von ihrer Freiheit sprechen. Aber im Alltag wird unsere Handlungsfreiheit sehr oft stark eingeschränkt. Dies kann aufgrund äußerer Einflüsse (Zwang, Androhung von Strafe/Konsequenzen, etc.) erfolgen. Aber auch aufgrund innerer, in der Person liegenden, Gründen. So kann die verinnerlichte Erziehung, persönliche Werte oder beispielsweise auch Scham dafür sorgen, dass eine Person ihr Handeln einschränkt. Ihre Freiheit selbst begrenzt oder sogar aufhebt.

Und es gibt Grenzfälle. Zumindest meiner Meinung nach. So kann es äußere Einschränkungen geben, die aufgrund von Eigenschaften der Person zum Tragen kommen. So wird für eine blinde Person die Handlungsfreiheit eingeschränkt, wenn beispielsweise relevante Informationen nicht so vorliegen, dass die Person sie aufnehmen kann. Beispielsweise wenn an Bahnhöfen keine Durchsagen gemacht würden. Und keine Markierungen am Boden wären, die Wege und Gefahrenzonen markieren. Dann wäre aufgrund der in der Person liegenden Gründe in Kombination mit äußeren Faktoren die Freiheit der Person begrenzt.

Was wir auf jeden Fall feststellen ist, dass wir nicht in einer Welt leben, die jedem von uns grenzenlose Handlungsfreiheit gewährt. Ich kann nicht meinen Chef Ohrfeigen oder einen Idiot nennen ohne mit Folgen meines Handelns rechnen zu müssen. Natürlich könnte ich trotzdem so handeln. Die Freiheit habe ich. Nur verliere ich dadurch vielleicht die Freiheit, die mir mein Gehalt ermöglicht. Unser Haus abzubezahlen, zu reisen, vernünftiges Essen zu kaufen und so weiter.

Wo endet also meine Handlungsfreiheit?

Wo endet die Möglichkeit meinen Willen in Taten zu übersetzen? Und ist mein Wille eigentlich frei/autonom? Oder ist er (zumindest teilweise) bestimmt von Einflüssen außerhalb meiner Kontrolle (Hunger, Hormone, unbewusste Prägungen, etc.).

Positive vs. Negative Freiheit

Mit positiver und negativer Freiheit sind zwei Blickwinkel auf die Freiheit gemeint. Die Freiheit zu etwas (Redefreiheit, Reisefreiheit, Versammlungsfreiheit) und die Freiheit von etwas (Freiheit vor staatlicher Intervention, Freiheit auf körperliche Unversehrtheit, da dies die Freiheit vor körperlichem Schaden bedeutet).

Oft treffen sich in der aktuellen Situation hier genau diese beiden Aspekte. Der Staat schützt die Bürger vor Krankheit (negative Freiheit) auf Kosten beispielsweise einer teilweise eingeschränkten Reise- oder Versammlungsfreiheit. Hier werden Freiheitsgüter/Rechtsgüter gegeneinander abgewogen.

Analog zu unserer Handlungsfreiheit treten hier also auch Einschränkungen der Freiheit auf. Es ergeben sich also sehr ähnliche Fragestellungen danach, wie weit meine persönliche Freiheit reicht, wo sie endet, wie sie eingeschränkt wird.

Allerdings kommt hier auch im Bezug auf mich selbst noch ein Aspekt hinzu:

Ich muss für mich selbst Freiheiten gegeneinander abwägen. Ist mir die körperliche Unversehrtheit wichtiger oder die Demonstrationsfreiheit? Will ich lieber uneingeschränkt reisen? Nehme ich Krankheit (körperliche Versehrtheit) in Kauf für das Ausleben anderer Freiheiten?

Gesellschaftlich sind das sehr spannende Fragen, da viele der möglichen Antworten tatsächlich Auswirkungen auf mehr als nur die einzelne Person haben.

Wenn ich für mich beschließe, dass meine körperliche Unversehrtheit weniger relevant ist, als beispielsweise die Freiheit bestimmte Sportarten zu machen - muss dann die Gesellschaft die Kosten für mögliche Verletzungen tragen? Wo endet meine Freiheit, weil die Gesellschaft beschließt, dass mein (möglicherweise egoistisches) Handeln zu sehr die Freiheit aller einschränkt für medizinische Versorgung nicht zu viel Geld in die Solidarkasse einzahlen zu müssen.

Analog gilt dies natürlich aktuell auch für die Frage danach, wer die Kosten für unvernünftiges Verhalten im Hinblick auf das Sars-CoV-2 Virus zu tragen hat. Muss die Gesellschaft die Kosten dafür tragen, wenn Menschen das Virus leugnen und sich durch ihr Verhalten anstecken, erkranken und schwere Verläufe mit medizinischer Behandlung benötigen? Wo endet hier die persönliche Freiheit und wo kann die Gesellschaft beschließen, die Kosten für derartiges Verhalten nicht mehr auf alle anderen Mitglieder dieser Gesellschaft umzulegen - und somit deren Freiheit einzuschränken?

Individuelle vs. kollektive Freiheit

Mit diesen Beispielen sind wir schon im Bereich der Abwägung zwischen individuellen und kollektiven Freiheiten. So hat das Kollektiv auch einen Freiheitswunsch und -begriff. Beispielsweise die Freiheit vor einer feindlichen Macht geschützt zu sein. Oder eben, wie oben beschrieben, die Freiheit nicht für die Folgen der Freiheit einzelner Individuen des Kollektivs aufkommen zu müssen.

Und umgekehrt hat das Individuum bestimmte Freiheiten gegenüber dem Kollektiv. Die Freiheit des Glaubens beispielsweise. Oder das Recht auf körperliche Unversehrtheit.

Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. (GG. Art. 5 Abs. 1)

Aber - und das darf eben nicht vergessen werden, schränkt das Grundgesetz im nächsten Absatz diese individuelle Freiheit dergestalt ein, dass sie Grenzen zieht um ein kollektives, gemeinschaftliches Zusammenleben zu ermöglichen:

Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

Deine Redefreiheit endet, wo sie meine persönliche Ehre schädigt, also meine Freiheit beginnt. Damit sind Beleidigungen, Drohungen, etc. gemeint. Ebenso ermöglicht das Grundgesetz hier beispielsweise, dass die Leugnung des Holocaust unter Strafe gestellt ist. Die Meinungsfreiheit hat Grenzen, Schranken und ein Ende. Sie ist nicht absolut.

Auch - und da haben wir einen ähnlichen Aspekt wie bei anderen Blickwinkeln auf Freiheit - gibt es kein Recht, dass die individuelle Freiheit keine Konsequenzen hat. Niemand ist davor gefeit, dass sein Handeln, sein Reden und seine Veröffentlichungen Konsequenzen nach sich ziehen. So gehört es zur individuelle Freiheit, dass man die Aussagen anderer Personen kritisiert. Eben solange, solange die "persönliche Ehre" nicht verletzt wird oder es Schranken durch "allgemeine Gesetze" gibt. So wie es eben der kollektiven Freiheit unterliegt, dass die Gemeinschaft beschlossen hat, dass die Leugnung des Holocaust nicht unter die individuelle Freiheit fällt.

Noch ein Exkurs

Es gab in unserer Weltgeschichte auch eine Zeit, in der Freiheit nicht für jeden Menschen galt (und schon gar nicht für Frauen). Es ist noch nicht lange her, da durften Frauen nicht wählen. Oder durften nur mit Erlaubnis ihres Mannes einen Beruf ausüben, den Führerschein machen - und so weiter.

Man muss also gar nicht bis in die Antike zurückgehen, in der beispielsweise Freiheit nur für gebildete, wohlhabende Bürger galt. Dem standen Sklaven und beispielsweise die Angehörigen besiegter Völker gegenüber. Diese hatten keine Freiheitsrechte.

Im Lauf der Zeit entwickelten sich philosophische Richtungen, die auf eine innere Freiheit abzielten. Die Stoa und auch die großen Weltreligionen zielten auf die innere Freiheit der Gläubigen ab. So postuliert das Christentum beispielsweise, dass die Gläubigen im religiösen Sinne frei von Gesetz, Sünde und Tod seien.

Letzteres wird übrigens von Extremisten gern so ausgelegt, dass sie sich nicht an weltliche Gesetze halten müssten. Denn sie sind ja "frei von Gesetz". Übrigens genauso frei wie von "Sünde und Tod". Natürlich meinen die christlichen Autoren, dass der Gläubige im inneren frei ist, nicht, dass er sich über weltliches Gesetz (oder gar den Tod) hinwegsetzen könne.

Analog gilt das vermutlich im Islam - obwohl ich hier über deutlich zu wenig Wissen verfüge um zweifelsfrei zu behaupten, dass der Islam eine innere Freiheit postuliert und nicht tatsächlich weltliche Gesetze ablehnt.

Moderne Freiheitsbegriffe und ein modernes Verständnis von Freiheit entwickelte sich in der europäischen Aufklärung. Das Ziel der Aufklärer war es unter anderem auch sich (und die Menschen allgemein) von historischen Dogmen und Vorurteilen zu befreien.

Laut Kant bedeutet dies den "Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit". Dazu muss aber jede Mensch auch selbst aktiv werden. Kant postulierte nicht, dass das dem Menschen auf dem sprichwörtlichen Silbertablett serviert werden solle.

Auch sprach Kant nie davon, dass Freiheit uneingeschränkt sei. Allein sein kategorischer Imperativ verdeutlicht dies sehr schön:

Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde. (Immanuel Kant)

Freiheit wurde nach Kant nur durch Vernunft möglich. Der Mensch könne ohne Vernunft nur seinen Trieben folgen. Er wäre nichts anderes, als ein Tier. Nur Kraft seiner Vernunft sei der Mensch in der Lage, das Gute zu erkennen und sein eigenes Verhalten daran zu orientieren und auszurichten. Dies spiegelt sich im kategorischen Imperativ wieder.

Nach Kant könne nur derjenige frei sein, der bewusst pflichtgemäß, also moralisch handelt. Freies Handeln und moralisch richtiges Handeln sind für Kant identisch.

"Niemand kann mich zwingen auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit Anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (d.i. diesem Rechte des Andern) nicht Abbruch thut."

Es solle also jeder seine Freiheit soweit ausleben dürfen ("auf seine Art glücklich [zu] sein"), solange die Freiheit der anderen nicht dadurch eingeschränkt wird ("die mit der Freiheit von jedermann [...] nicht Abbruch thut").

Hegel beschrieb später die Freiheit als eine "Phase ohne Zwang". Aber er stellte auch fest, dass der Mensch in seiner Freiheit Einsicht haben müsse in eine "Notwendigkeit". Dazu gehört, dass der Mensch sich selbst verstehen müsse, verstehen müsse, wie er denkt/funktioniert/reagiert um sich durch diese Selbstreflexion von einer inneren Fremdsteuerung zu befreien. Auch gehört für Hegel dazu, dass es äußere Einschränkungen gibt.

Für Hegel entfaltet sich die Freiheit nur im Rahmen der existierenden, äußeren Gegebenheiten. Dies kann man als klaren Bezug zum Realismus verstehen (natürlich habe ich die Freiheit vom Hochhaus zu springen. Ich habe dann aber nicht die Freiheit dem Tod zu entgehen.). Es wurde aber auch gerne von (autoritären) Regierungen so gedeutet, dass der Menschen seine Freiheit nur im Rahmen der einschränkenden Gesetze ausleben dürfe (natürlich waren in dieser Logik die Bürger der DDR frei - zumindest aus Sicht des Staates, der nur alles getan hat um sie zu schützen).

Ein unüberwindbarer Fluss ist nur dann eine Begrenzung meiner Freiheit, wenn ich vorher die uneingeschränkte Freiheit meiner Bewegung als "normal" definiert habe. So zumindest sah es beispielsweise der Existenzialismus.

Wieder ein anderer Blick auf die Freiheit. Freiheit unterliegt hier dem neudeutschen "(Re-)Framing". Sie wird absolut, weil sie Definitionssache ist, aber eben gerade ohne dabei die Realität zu leugnen.

Wirtschaftliche Freiheit

Wenn man Freiheit als grundlegendes Prinzip der Wirtschaftsordnung betrachtet landet man bei der freien Marktwirtschaft. Auch diese kann und wird gern von unterschiedlichen Akteuren unterschiedlich ausgelegt.

Soziale Marktwirtschaft als Form der Freiheit

Das kann beispielsweise die Idee der sozialen Marktwirtschaft sein, bei der das freie Wirtschaften in gewissem Maß eingeschränkt wird durch Grenzen und Steuern um so einen sozialen Fortschritt - und damit eine andere Form der Freiheit für die Mitglieder der Gesellschaft - zu ermöglichen. Diese Form der Wirtschaftsideologie zielte darauf ab, dass die Freiheit der Beschäftigten beispielsweise vor körperlichem Schaden aufgrund von Arbeitsbedingungen ebenso gestärkt wurde, wie die Stärkung der Freiheit aufgrund steigender Löhne und somit einer stärkeren gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe.

Analog zu anderen Beispielen finden wir hier die Abwägung unterschiedlicher Freiheits- und Rechtsgüter gegeneinander und eine damit verbundene Einschränkung der Freiheit.

Die Utopie völliger Marktfreiheit

Von Verfechtern einer radikalen Marktfreiheit wird immer wieder angeführt, dass jegliche Einschränkung den Markt störe/behindere und damit zu schlechteren, weil nicht optimalen Ergebnissen führe. Preise blieben höher, die Qualität schlechter - und so weiter. Natürlich wird oft auch genannt, dass die Gewinnmarge für handelnde Personen und Unternehmen eingeschränkt würde und auch dies ein unzulässiger Eingriff in die Freiheit sei.

Eine entsprechende Marktfreiheit würde irgendwann zu einer Klumpung führen. Es würde schlussendlich zu Oligo- wahrscheinlich sogar zu Monopolen führen. Weniger Teilnehmer hätten eine Marktbeherrschende Position inne. Aus deren Sicht der logische Gewinn aus ihrer Freiheit im Markt.

Für die anderen Marktteilnehmer würde dies aber eine massive Einschränkung ihrer Freiheit bedeuten. Es gäbe keine Wahl mehr und man müsste die Bedingungen des Monopolisten gezwungenermaßen hinnehmen - mangels Alternativen.

Hier führt absolute Freiheit schlussendlich zu absoluter Unfreiheit für die meisten der Beteiligten.

Will man dies verhindern zeigt sich, dass gewisse Rahmenbedingungen - und damit Einschränkungen der Freiheit notwendig sind. Die Ausgestaltung der entsprechenden Einschränkungen ist am Ende das, was wir unter Politik, Lobbyismus und Co. kennen.

Ein Fazit: Nur beschränkte Freiheit garantiert die Freiheit

Wie gezeigt wird schon in unserem Grundgesetz jede individuelle Freiheit durch die institutionelle Grenzen (Gesetze) beschränkt. Nur innerhalb dieser Begrenzungen, dieser Leitplanken könnte man sagen, darf das persönliche Belieben ausgeübt werden.

Private Autonomie ist durch öffentliche Autonomie begrenzt.

Wie sich im Hinblick auf wirtschaftliche Freiheit gezeigt hat führt absolute Freiheit am Ende zu fast vollständiger Unfreiheit. Dies gilt analog auch für andere Freiheiten. Absolute Handlungsfreiheit wird dafür sorgen, dass einzelne überproportional an Macht gewinnen, weil sie sich einfach das (auch und vor allem mit Gewalt) nehmen, was sie wollen. Sie handeln so, dass am Ende eine Machtkonzentration stattfindet, die zu einer Unfreiheit für die (absolute) Mehrheit sorgt.

Nur auf dem Weg der Begrenzung der Freiheit lässt sich der Erhalt der Freiheit für alle Mitglieder der Gesellschaft sichern und bewahren. Nur wenn wir einsehen, dass unsere individuelle Freiheit eine Grenze findet, können wir sicherstellen, dass die Gesellschaft,, in der wir leben auch morgen noch in einer Form existiert die uns allen die grundrechtlich garantierten Freiheiten ermöglicht.

Freiheit kann nicht ohne individuelle Verantwortung und ohne Einschränkung existieren.