Hintergrund Kirchensteuer: Ausgetreten und trotzdem gezahlt



Wie der Staat die Kirchen subventioniert aus allgemeinen Steuermitteln subventioniert.

Gehen Sie in die Kirche? Zahlen Sie Kirchensteuer? Letztere ist umstritten. Der Staat zieht für die Kirchen eine Steuer ein. Der Staat regelt die Frage nach Kirchenaustritten und der Staat (eigentlich die Bundesländer) sind durch diese Abgabe eng mit den anerkannten Kirchen verflochten. Eine Grundgesetzliche Trennung von Staat und Kirche ist hier schwer zu erkennen.

Wie jede Frage, die den persönlichen Glauben eines Menschen betrifft, so ist auch die Frage, ob die anerkannten Kirchen zwangsweise Geld von den Bürgern einziehen dürfen eine existentialistische Frage. Denn sie berührt einen sehr privaten Bereich. Rein rationale überlegungen haben hier einen schlechten Stand.

Das Gesamtvolumen der Kirchensteuereinnahmen betrug im Jahr 2007 rund neun Milliarden Euro. Das entspricht einer pro Kopf-Belastung von rund 110 Euro für die Bundesbürger pro Jahr. Viel Geld, das die Kirchen jedoch sinnvoll wieder ausgeben. Immerhin finanzieren sie Kindergärten, Pflegeheime, Suppenküchen und sind mit ihren Hilfsorganisationen weltweit im Einsatz. Oder?

Nimmt man das Beispiel der Kindergärten, so kann man im Bundesdurchschnitt (für das Jahr 2000 berechnet, neuere Zahlen leider nicht verfügbar) sehen, dass der Elternanteil an den Kosten bei 15% liegt. Die Kommunen zahlen 75% und die Kirchen 10%. Dreiviertel der Finanzmittel werden also von den öffentlichen Haushalten getragen. Dieses Geld stammt aus den "normalen" Steuereinnahmen.

Nun hat der Staat ein berechtigtes Interesse an einer flächendeckenden Kinderbetreuung. Daher mag man diese Subvention kirchlicher Einrichtungen noch verstehen.

In Bayern werden kirchliche Grund-, Haupt- und Förderschulen zu 90% aus Mitteln des Landes finanziert. Hier hat Bayern ein politisches Alleinstellungsmerkmal und so betrifft diese Subvention der Kirchen auch nur einen Teil der gesamtdeutschen Bevölkerung.

Krankenhäuser und Altenheime werden zu 100% aus nicht-kirchlichen Mitteln finanziert. Zahlungen der Krankenkassen, etc. Interessanterweise zahlt der Staat die Investitionen hier zu 100%. Interessant wäre es zu wissen, ob dies auch auf Krankenhäuser privater Träger zutrifft - oder ob hier kirchliche Träger im Vorteil sind.

Wofür gibt die Kirche nun ihr Geld eigentlich aus, wie viel der rund 9 Milliarden Euro werden für soziale Zwecke ausgegeben?

Das Kirchliche Personal macht den Löwenanteil aus. Etwa zwei Drittel der Einnahmen fließen als Gehälter, Sozialabgaben, etc. zurück an die Mitarbeiter. Die Sachkosten in der Verwaltung schlagen mit etwa 10% zu Buche. Weitere 10% fließen in Kirchenbauten (Erhalt und Neubau). Hier ist jedoch zu beachten, dass bei Renovierungen sowohl die lokale Gemeinde, als auch die Kommune einen großen Anteil aufbringen muss, die Renovierungen also auch aus öffentlichen Mitteln subventioniert werden.

"Schule und Bildung", sowie "Soziales und Karitatives" machen jeweils rund 10% der Ausgaben aus der Kirchensteuer aus. Im Fall der evangelischen Kirchen sogar nur rund 5%. Von den rund 110 Euro Pro Bundesbürger und Jahr fließen also nur zwischen fünf und gut elf Euro in soziale Projekte.

Zählt man alle versteckten Subventionen der Kirchen durch den Staat mal zusammen, so ergeben sich rund 7,5 Milliarden Euro, mit denen die öffentlichen Haushalte belastet werden. Die Ausbildung der Prieser und Theologen an staatlichen Universitäten, der Religionsunterricht, Denkmalschutz (Kirchenbauten) und weitere Staatszuschüsse. Zuzugestehen ist, dass in obigem Betrag auch der Einnahme-Verlust der öffentlichen Haushalte eingerechnet ist, der durch die steurliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer entsteht. Dieser mach knapp die Hälfte des Betrages aus.

Nicht enthalten sind Zuschüsse von Kommunen, Kreisen, Bezirken, der Bundesanstalt für Arbeit (ABM-Stellen) und vom Bundesamt für den Zivildienst, das ca. 70 % der Kosten von Zivildienstplätzen trägt. Die Wohlfahrtsverbände sparten 1988 durch Zivis 2,2 Milliarden DM; Caritas und Diakonisches Werk profitierten davon zu rund 40 % (vgl. Frankfurter Rundschau, Dokumentation, 17.3.89). Die Auflistung zu 3) ist unvollständig, weil niemals alle Haushaltsposten nach versteckten Zuschüssen an die Kirchen zu durchforsten sind. Allein die Subventionen der über 15.000 Kommunen werden auf über 5 Milliarden DM geschätzt, so dass aus allgemeinen Steuern mehr für innerkirchliche Zwecke ausgegeben wird als über die Kirchensteuern. Das heißt: Alle Steuerzahler - Kirchenfreie wie Mitglieder - finanzieren interne Kirchenangelegenheiten mit einem Betrag mindestens in Höhe der Kirchensteuer. Stand: 18.12.2001; verantwortlich: Gerhard Rampp, Bund für Geistesfreiheit Augsburg // Quelle

Die Ausgaben der Kirchen für soziale Zwecke ließen sich über eine minimale steuerliche Zusatzabgabe auch vom Staat finanzieren, der wie gezeigt neben der Kirchensteuer noch einige Subventionen in Richtung der anerkannten Kirchen vergibt. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Gebühren, die fällig werden, sollte man aus der Kirche austreten wollen. Hier halten die Bundesländer gerne die Hand auf. In einigen Ländern scheint es jedoch so, als sollte die Höhe der Gebühren eine zusätzliche Hürde beim Kirchenaustritt darstellen. Immerhin behalten die Länder für das Einziehen der Kirchensteuer einen Verwaltungsanteil ein.

So oder so - jeder Steuerzahler in Deutschland (und durch indirekte Steuern ist das eigentlich jeder) zahlt für die wenigen anerkannten Großkirchen.